Moderne Bodenbeläge verlangen definierte Untergrundoberflächen
Bereits mehrfach haben wir darauf hingewiesen, dass die Ansprüche an eine Bodenbelagsfläche stetig steigen. Kunden haben heute eine ganz andere Erwartungshaltung als noch vor Jahren: Rein funktionale Aspekte werden zwar vorausgesetzt, treten aber hinter den optischen Anforderungen deutlich zurück.
Eine Entwicklung, die sich auch in den Produkten widerspiegelt: Nahezu alle neuen Bodenbeläge werden als „Designbeläge“ bezeichnet und vordergründig nach ihrem optischen Erscheinungsbild beworben. Die „neue Optik“ geht oft einher mit einem veränderten Produktaufbau. So werden heute beispielsweise Kunststoffbeläge in Planken- und Fliesenformaten in nur 2,0 bis 2,5 mm Dicke angeboten, ebenso wie flachgewebte, 3,0 bis 3,5 mm dicke textile Bodenbeläge in Bahnen oder Fliesen.
Gleichzeitig haben sich auch Verlege- und Klebetechniken in den letzten Jahrzehnten geändert. Lösemittelhaltige Kunstharzklebstoffe sind Geschichte und die Verwendung von Dispersionsklebstoffen ist nicht nur Stand der Technik, sondern entspricht den anerkannten Regeln des Fachs. Auch hier zeigen sich Weiterentwicklungen: Die früher gerne praktizierte Haftklebung mit Dispersionsklebstoffen ist nur noch in Sonderfällen anwendbar. Den Regeln des Fachs entsprechend wird heute überwiegend die sogenannte Nass- oder Halbnassklebungen praktiziert.
In der Folge müssen auch an den Untergrund neue, höhere Anforderungen gestellt werden als noch vor Jahren. Immer öfter finden sich in Verlegeanleitungen von „Designbelägen“ erhöhte Anforderungen an die Ebenheit entsprechend Zeile 4 der DIN 18 202 „Toleranzen im Hochbau – Bauwerke“. Auch Mehrschichtparkett oder Laminatböden mit Klicksystemen setzten häufig erhöhte Anforderungen an die Ebenheit voraus. Der Anspruch ist einerseits darin begründet, dass dünne elastische oder halbstarre Bodenbeläge Unebenheiten nicht überbrücken, sondern diese in der Belagsoberfläche eins zu eins abbilden. Andererseits verursachen Unebenheiten im Untergrund bei starren Bodenbeläge wie Parkett- oder Laminatelementen „Biegespannungen“ entlang der Fügeflächen der Klicksysteme, die Schäden verursachen können.
Ist Spachteln noch zeitgemäß?
Die Verlegewerkstoffindustrie hat diese vielfältigen Erfordernisse erkannt und bietet mit leistungsfähigen Systemprodukten, die jedem Untergrund und Bodenbelag gerecht werden, individuelle Lösungen. Allerdings verlangen diese auch nach einer speziellen, zeitgemäßen Verarbeitung, die kostendeckend zu kalkulieren und anzubieten ist. Wer heute noch „Spachteln und Kleben“ zum Einheitspreis anbietet, kann den neuen Produkten nicht gerecht werden und läuft Gefahr, eine Reklamation zu produzieren.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob Spachteln – so wie wir es aus der Vergangenheit kennen – noch zeitgemäß ist. Partielle Kellenschläge in der Oberfläche des Estrichs zu beseitigen oder einen „Porenschluss“ mit Spachtelmasse durchzuführen, um dann direkt Bodenbeläge zu verlegen, entspricht nicht mehr den Regeln des Fachs und schon gar nicht dem Stand der Technik. So kann es auch nicht sein, dass ordnungsgemäß hergestellte, einwandfreie Estrichoberflächen nach dem Aufbringen einer Ausgleichsmasse Kellenschläge aufweisen, nur weil der Verarbeiter eine einfache Glättkelle eingesetzt hat und gegebenenfalls zu wenig Material je Quadratmeter einsetzte.
Wir appellieren an die Verlegewerkstoffindustrie nicht müde zu werden, zeitgemäße Verarbeitungstechniken zu schulen und zweckmäßiges Werkzeug zu empfehlen. Moderne Ausgleichs- oder Nivelliermassen werden nicht mehr „gespachtelt“, sondern „gerakelt“ und mit einer Stachelwalze entlüftet – und zwar ergonomisch vorteilhaft im Stehen.
Braucht es neue Regeln?
Da ein solches Arbeiten auch einen ausreichenden Materialeinsatz (kg/m2) voraussetzt, ist diese technisch durchaus anspruchsvolle Leistung adäquat in Rechnung zu stellen. Dabei könnte es hilfreich sein, Qualitätsstufen für Untergründe zu definieren.
Ähnliche Gedanken haben vielleicht auch den Bundesverband der Gipsindustrie bei dem Merkblatt 2 „Verspachtelung von Gipsplatten: Oberflächengüten“ bewegt, eine Regelung zu schaffen. In vier Qualitätsstufen (Q1 bis Q4) definiert das Merkblatt Oberflächeneigenschaften, um subjektive Maßstäbe bei der Beurteilung, insbesondere im Hinblick auf optische Merkmale, zu standardisieren.
Eine vergleichbare Regelung in der Fußbodentechnik könnte ähnlich gelagerte Diskussionen vermeiden und dem Bodenleger ein Instrument an die Hand geben, Forderungen nach einem erhöhten Arbeitsaufwand bei seinem Auftraggeber durchzusetzen. Erste Ansätze dazu wurden bereits 2014 im Gesprächskreis Fußbodentechnik mit der Technischen Kommission Bauklebstoffe sowie in Abstimmung mit den Berufsverbänden BEB, ZVPF und ZVR diskutiert.
Klassifikationsbeispiele
Level I Standardleistung. Beseitigung von Teilflächenrauigkeiten des Untergrundes bis 1 mm als Nebenleistung des Auftragnehmers im Sinne der VOB Teil C DIN 18 365, 4.1.3, sofern kein ganzflächiges Spachteln erfolgt.
Level II Vollflächiges Ausgleichen von Untergründen bis 2 mm zur Beseitigung von Ebenheitsabweichungen als besondere Leistung des Auftragnehmers, die zu vergüten ist.
Level III Vollflächiges Egalisieren von Untergründen in Schichtdicken von mindestens 3 mm, ausgeführt in Rakeltechnik zur Vermeidung von Oberflächenunregelmäßigkeiten wie beispielsweise Kellenschläge, wulstartige Erhöhungen, Vergußkanten.
Level IV Ausgleichen, Egalisieren, Nivellieren bis circa 5 mm in Rakeltechnik zur Erfüllung höchster Anforderungen an die Oberflächenqualität, beispielsweise für die Verlegung dünner, unifarbener, elastischer Bodenbeläge, Beschichtungen.
Was sagt die Norm?
Im Standardwerk „Kommentar und Erläuterungen VOB DIN 18 365 – Bodenbelagarbeiten“ (Kaulen/Strehle/Kille) heißt es unter Punkt 3.3 „Vorbehandeln des Untergrundes“ unter anderem: „In Abschnitt 4.1.3 (der DIN 18 365) ist das Ausgleichen von Unebenheiten des Untergrundes bis 1 mm als unbezahlte Nebenleistung geregelt. Diese Regelung bezieht sich jedoch nur auf den Ausgleich einzelner Unebenheitsflächen und ist deshalb lediglich als Untergrundvorbereitung für eine Verlegung spezieller Linoleumbeläge ausreichend. Für die Verlegung aller anderen Bodenbeläge, die ohne Unterlage (siehe Abschnitt 3.4) verlegt werden, ist jedoch eine glatte und feste Untergrundoberfläche erforderlich, die nur mit ganzflächigem Spachteln mit einer Spachtel- oder Ausgleichsmasse, die sich fest mit dem Untergrund verbindet, nicht reißt und ausreichend druckfest ist, hergestellt werden kann. Diese Maßnahme ist eine „Besondere Leistung“, die dem Bodenleger zu vergüten ist, sofern nicht als Teilposition in der Leistungsbeschreibung ein ganzflächiges Spachteln gefordert wird.
Fazit
Der Boden- und Parkettleger ist aus unserer Sicht in Gegenwart und Zukunft gefordert, seine qualitativ hochwertige, handwerkliche Leistung zu kommunizieren. Er muss diese anbieten, beraten und letztlich verkaufen. Bei immer einfacher zu verlegenden Bodenbelägen steckt in der fachgerechten Untergrundvorbereitung professionelles Know-how und damit Kapital für jeden Bodenleger.