Grundlagen für die Teppichbodenverlegung auf Treppenstufen
Das Belegen von Treppenstufen mit Bodenbelägen verlangt ein breites Fachwissen, nicht nur, was die praktische Ausführung angeht. Vor allem bei Treppenaufgängen in öffentlichen Bereichen gilt es, die Vorgaben der Landes- und Sonderbauordnungen oder Arbeitsstätten-Richtlinien zu beachten. Ein breites Aufgabenfeld, dem wir uns an anderer Stelle widmen werden. In dieser Ausgabe stellen wir die Teppichbodenverlegung auf Treppenstufen, vorzugsweise in Wohnräumen, an einem Beispiel in den Mittelpunkt.
Unschöne Gebrauchsspuren
Bei Renovierungsmaßnahmen in einem Wohnhaus wurde auch der Teppichboden auf den Treppenstufen erneuert. Verlegt wurde ein einfarbig roter Feinvelours-Handtuftteppich aus Schurwolle. Im Zuge der Nutzung zeigte er unschöne Gebrauchsspuren, die der Kunde reklamierte. Da mit dem Verleger keine Einigung erzielt werden konnte, beauftragte man ein Gutachten zur Klärung des Sachverhaltes.
Der beanstandete Treppenaufgang führt vom Erdgeschoss aus über einen so genannten Viertelschwung in das erste Obergeschoss. Im vorderen Bereich der Trittstufen zeigten sich im direkten Laufbereich sowie entlang der Trittkante sichtbare Aufhellungen, die optisch den Eindruck von „Verschleißerscheinungen“ vermittelten (Bilder 1 bis 3).
Die Strichrichtung der veloursartigen Nutzschicht des Handtuftteppichs – also der Neigungswinkel des Velours – verläuft auf der Treppenstufe, aus Blickrichtung Erdgeschoss betrachtet, von links nach rechts (Bild 4). Der Radius der Trittkante der Treppenstufen beträgt 15 Millimeter (Bild 5). Die Überprüfung des Konstruktionsaufbaus zeigte, dass der Teppichboden direkt auf die Oberfläche der Tritt- und Setzstufe aus Beton geklebt wurde (Bild 6).
Bei Detailbetrachtung der Trittstufenkanten im stärker frequentierten Mittelbereich des Aufgangs war feststellbar, dass sich entlang der Kante der von links nach rechts verlaufende Velours „scheitelt“ (Bilder 7 und 8) und so ein Erscheinungsbild entsteht, als würden sich die Treppenkanten hell (weiß) abzeichnen. (Bilder 1 bis 4)
In den nicht oder entsprechend der Trittfläche wenig belaufenen Treppenkantenbereichen zeigte sich die veloursartige Nutzschicht in einwandfreiem Zustand.
Beurteilung
Die auffälligen Gebrauchsspuren der Nutzschicht des Teppichbodens sind nicht direkt auf Verschleiß oder Abnutzung der Polschicht zurückzuführen, sondern wurden durch eine falsche Verlegeart hervorgerufen: Entgegen den Regeln des Fachs wurde der Teppichboden nicht mit der Strichrichtung von oben nach unten, sondern von links nach rechts verlegt.
Die Folge ist, dass sich die Veloursnoppen-Reihen des Handtuftteppichs teilen, also entlang der Treppenkante „scheiteln“ und so der Zwischenraum der Veloursnoppenreihen sichtbar wird. Das Resultat: Das auftreffende Licht spiegelt sich auf der Oberfläche der gescheitelten Veloursnoppen hell weißlich, so dass optisch der Eindruck von Abnutzungs- oder Verschleißerscheinungen entsteht.
Den Regeln des Fachs entsprechend muss die Strichrichtung des Teppichbodens, also die veloursartigen Nutzschicht/Polschicht, mit dem Neigungswinkel von oben nach unten, also treppab, verlegt werden. Dabei legen sich die rund 10 mm hohen Velourspolnoppen auf und um die Trittkante: Beim Begehen würde der Auftritt des Fußes/der Schuhsohle auf der Oberfläche der Polschicht erfolgen und nicht, wie in diesem Fall, in den Zwischenraum der gescheitelten Velourspolnoppen-Reihen.
Während der vorhandene Radius der Trittkante der Treppenstufen mit 15 mm korrekt vorliegt (Sollwert Kantenradius > 10 mm) ist nicht ganz nachzuvollziehen, warum auf eine elastische Unterlage verzichtete wurde. Entsprechend des vorliegenden Angebotes und der Rechnung war bei der ursprünglichen Treppenverlegung eine solche Unterlage vorhanden. Diese wurde herausgelöst und eine angebotene Neuverlegung nicht in den Auftrag übernommen.
Dabei wird die Verwendung einer elastischen Verlegeunterlage (Dämmunterlage) auf Treppenstufen unter Teppichboden in der Fachbranche sowie in entsprechenden Merkblättern, Richtlinien und Verlegeempfehlungen für sinnvoll erachtet: Bei fachgerechter Ausführung kann eine Unterlage mechanische Beanspruchungen der Teppichbodennutzschicht bei Belastung im Kantenbereich „dämpfen“. Erfahrungsgemäß führt dies zu einer verlängerten Haltbarkeit des Teppichbodens, aber auch zu einem angenehmeren und sicheren Begehen einer Treppe.
Anmerkung
Der Hersteller des Handtuftteppichs weist die verwendete Ware nicht mit dem Signet „Treppeneignung“ nach DIN EN 1307 „Textile Bodenbeläge – Einstufung“ aus. Auf Nachfrage empfiehlt der Hersteller ganz allgemein, Velours-Teppichböden auf Treppenstufen mit der Strichrichtung von oben nach unten zu verlegen. Auch den Einsatz einer Verlegeunterlage erachtet er für sinnvoll, da die Belastung im Kantenbereich gedämpft wird.
10 Punkte zur Verlegung von Teppichboden auf Treppenstufen
- Prüfen des Untergrundes nach DIN 18365.
- Bei Ausbesserungen der Trittstufen darauf achten, dass das Steigungsmaß nicht einseitig verändert wird.
- Kantenradius > 10 mm.
- Teppichboden mit „Stuhlrolleneignung“ (und hohem Strapazierwert) wählen
- Geeignete Dämmunterlage ist sinnvoll, aber nicht zwingend.
- Verlegerichtung/Strichrichtung bei Velours von oben nach unten beachten.
- Bei Schlingenware sollte die Florgasse grundsätzlich senkrecht zur Treppenkante verlaufen.
- Für die geplante Materialkombination freigegebene Verlegewerkstoffe verwenden.
- Je nach Nutzungsart können Treppenkantenprofile die Begehsicherheit erhöhen.
- Nachweislich einen Hinweis auf die regelmäßige und fachgerechte Reinigung und Pflege geben.
Fazit
Die Missachtung einiger grundlegender Anforderungen an eine Teppichbodenverlegung auf Treppenstufen verursachte einen Schaden, der nur durch Austausch der Ware zu beheben ist.
Im Rahmen einer gütlichen Einigung, die beiden Parteien den kompletten Wechsel des Bodens erspart, kann der Boden mit einer zu erwartenden verkürzten Nutzungsdauer auf den Treppenstufen bleiben. Das optische Erscheinungsbild kann durch regelmäßiges Aufbürsten der Velourspolnoppen-Schicht auf den Trittstufen und Treppenkanten verbessert werden (Bild 9). Optimal hierzu ist beispielsweise die Verwendung eines Handstaubsaugers, der mit einer rotierenden Bürste ausgestattet ist.