Macht die Färbung den Unterschied?

Einfluss der Faserfärbung auf das Anschmutzverhalten von Teppichen

Unter Objekteuren gelten spinndüsengefärbte Teppiche als weniger schmutzempfindlich als kontinuegefärbte – ein Irrglaube, wie ein Vergleichstest von zwei hochwertigen Objektqualitäten eindrucksvoll belegt.

Auf Antrag eines bekannten Teppichbodenherstellers A sollte eine Ware seines Sortiments mit der Qualität eines anderen Anbieters B hinsichtlich des Anschmutzverhaltens sowie der Reinigungsfähigkeit überprüft werden. Hierzu wurden im freien Handel – ohne Wissen des Auftraggebers – je zwei Coupons der Teppichböden geordert.

Bei der Qualität A handelt es sich um einen im kontinuierlichen Färbeverfahren hergestellten Velours-Teppichboden. Beim sogenannten Kontinueverfahren wird die Rohware (die im Regelfall rohweiß vorhanden ist) mit Farbstofflösungen, -pasten oder –schäumen getränkt und die Farbflotte durch Quetschwalzen in das textile Flächengebilde gepresst. Anschließend wird der Farbstoff fixiert, die Ware gespült, gewaschen und getrocknet. Die Teppichbodenqualität B hat ebenfalls eine veloursartige Nutzschicht. Das Fasermaterial ist jedoch spinndüsengefärbt. Bei diesem sogenannten Solution-Dyed-Verfahren werden während der Faserproduktion Farbpigmente hinzugefügt, so dass sich die Färbung innerhalb des Fasermaterials befindet.

Um im Zuge des praxisorientierten Vergleichstests entstehende Anschmutzungen, daraus resultierende Laufstraßenbildungen (Strukturveränderungen) sowie Fleckenbildungen möglichst deutlich zu erkennen, wurden die beiden Teppichbodenqualitäten bewusst in einem hellen Farbton (hellbeige) gewählt.

Als Objekt wurde ein bekannter Gastronomie- und Eventbetrieb in Köln ausgesucht. Die Herstellung der Versuchsflächen erfolgte im Bereich einer ursprünglich installierten Sauberlaufzone im direkt vom freibewitterten Außenbereich zu begehenden Foyer des Haupteinganges (Bild 1).

Bild 1
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Die Untersuchungen erstreckten sich von Dezember 2010 bis Mai 2011 über eine als extrem zu bezeichnende Winterperiode (Ausnahmewinter 2010/11): Diese brachte es mit sich, dass neben den Einschleppungen von Kontaktschmutz auch ein erhöhtes Aufkommen von Streusalz, einhergehend mit Feuchteeinwirkung, gegeben war. Infolgedessen zeigt sich so eine vergleichsweise extreme Beanspruchung, einerseits aufgrund des hohen Publikumsverkehrs und andererseits infolge des zwangsläufig hohen Schmutzeintrags.

Die Versuchsfläche

Die Herstellung der Versuchsfläche erfolgte in der Art, dass die beiden Teppichbodenqualitäten A und B streifenförmig im Wechsel nebeneinander verlegt wurden (Bild 2).

Bild 2
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Bereits nach zweitägiger Nutzung wurde die Fläche überprüft: Entsprechend der winterlichen Witterung wurde diese durch Eintrag von am Schuhwerk anhaftendem, feuchtem Schmutz, einhergehend mit Einschleppungen von Auftaugranulat und Streusalz, stark beansprucht (Bild 3).


 
Bild 3
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Die Unterhaltsreinigung erfolgte täglich mit einem handelsüblichen Bürstsauger (Bild 4).

 

Bild 4
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Im Detail betrachtet war erkennbar, dass die Teppichbodenqualität B (links von der Pfeilkennzeichnung) deutlicher/sichtbarer angeschmutzt vorlag als die Teppichbodenqualität A (rechts von der Pfeilkennzeichnung) (Bild 5).


 
Bild 5
Bild 5


Bei weiteren Überprüfungen bis Ende März 2011 wurde deutlich, dass die anhaltend schlechte Witterung zu einer extremen Belastung geführt hat. Dennoch zeigten die beiden Teppichbodenqualitäten nach erneutem Bürstsaugen ein den „Umständen entsprechendes“ gutes Erscheinungsbild. Der nunmehr deutlich sichtbare Verschmutzungsgrad war bei beiden Teppichbodenqualitäten in gleicher Intensität erkennbar.

Sprühextraktion

Bis Anfang Mai wurden mehrfach weitere Überprüfungen durchgeführt und dokumentiert. Schließlich erfolgte in Teilbereichen eine fachgerechte Sprühextraktion der Versuchsfläche, um die Reinigungsfähigkeit der Teppichböden zu untersuchen (Bild 6).

Bild 6
Bild 6


Die Sprühextraktion konnte die ursprünglich sichtbaren Anschmutzungen neutralisieren: Sowohl die veloursartige Nutzschicht der Teppichbodenqualität A als auch die der Qualität B zeigte einen „neuwertigen“ Zustand (Bilder 7 und 8).


 
Bild 7
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Bild 8
Bild 8


Nach Durchführung der zuvor beschriebenen Maßnahmen ist die Versuchsfläche entfernt worden. Für weitere Untersuchungen im technischen Labor des IFR Köln wurden kleine Probestücke aus den bereits genutzten Teppichböden herausgeschnitten und originalen Rückstellmustern gegenübergestellt.
 

Insgesamt wurde deutlich, dass sowohl die Teppichbodenqualität B (Bild 9) als auch die Teppichbodenqualität A (Bild 10) nach Durchführung der Sprühextraktionsmaßnahme (jeweils im Bild links) im Erscheinungsbild der veloursartigen Nutzschicht nahezu dem neuwertigen, ungebrauchten Urzustand (jeweils im Bild rechts) entsprechen.

Bild 9
Bild 9
Bild 10
Bild 10

Praxis und Norm

Der durchgeführte praxisorientierte Vergleich der beiden Teppichbodenqualitäten spiegelt nicht zwangsläufig die Ergebnisse von Normenprüfungen wider, ist aber aus unserer Sicht, unter realen Objektbedingungen, als durchaus aussagekräftig anzusehen.

Die geprüften Teppichböden sind nach DIN EN 1307 „Textile Bodenbeläge – Einstufung von Polteppichen“ zu beurteilen. Geprüft und bestimmt werden hier unter anderem die Farbechtheit, die Empfindlichkeit gegen Wassereinwirkung, die Fleckenbildung nach anschließender Anschmutzung, die Scheuerbeständigkeit bei Wollteppichböden, Verschleißanforderungen und Einstufungen der Aussehensveränderung.

Als zusätzliche Eigenschaften werden unter anderem die Stuhlrolleneignung, elektrische und akustische Eigenschaften, der Wärmedurchlasswiderstand oder die Fußbodenheizungs-, Feuchtraum- oder Treppeneignung definiert.

Fazit

Der praxisorientierte Vergleich des Gebrauchs-, Anschmutz- und Reinigungsverhaltens von im Kontinueverfahren gefärbter Ware mit einer Solution-Dyed-Ware zeigte keine signifikanten Unterschiede.

Insgesamt zeigten beide Teppichbodenqualitäten ein bemerkenswertes, gutes Gebrauchs- so wie ein hervorragendes Reinigungsverhalten: Die extreme Objektbeanspruchung während des knapp sechs monatigen Tests, führte weder zu bleibenden Laufstraßenbildungen noch zu Strukturveränderungen der veloursartigen Nutzschichten.

Anzumerken ist, dass die vor Ort vorschriftsmäßig und gewissenhaft durchgeführte Unterhaltsreinigung durch Bürstsaugen einen entscheidenden Anteil am guten Zustand der Ware hat. Wird dies vernachlässigt und zudem der Schmutzeintrag nicht gebremst, kann ein derart gutes Ergebnis nicht erwartet werden.