Der „kleine Unterschied“ zeigt sich vor allem in der Holzfeuchte
Ökologisches und nachhaltiges Bauen liegt im Trend – da darf es auch beim Holzboden ruhig mal etwas rustikaler zugehen.
Statt Hochglanz-Mehrschichtparkett in Premiumsortierung wird dann eine 22-mm-Holzdiele aus Nadelholz gewählt – nicht verklebt, sondern auf Lagerhölzern verschraubt und mit Holzseife gepflegt. So weit, so gut, wer es mag, der kann auch damit glücklich werden, vorausgesetzt, die Diele ist kein Brett.
Hintergrund
In einem Energiesparhaus in Holzrahmenbauweise sollte im Erdgeschoss und im Obergeschoss in 2006 gemäß Baubeschreibung ein „Holzboden aus Douglasie, circa 22 mm stark als Dielenboden auf Lagerhölzern“ eingebaut werden.
Bereits nach dem ersten Winter zeigten sich deutliche Fugen sowie konkave und konvexe Verformungen, außerdem lösten sich Äste aus den Holzdielen. Dies führte schließlich zur Reklamation und Beauftragung eines Gutachtens.
Vor Ort zeigte der mit Holzbodenseife gepflegte Dielenboden die beschriebenen Erscheinungsbilder deutlich.
Die insgesamt – inklusive der sechs Millimeter breiten Feder gerechnet – 135 mm breiten Hobeldielen zeigen im eingebauten Zustand eine Breite – also ein Deckmaß – von rund 129 mm. Vereinzelt wurden aber auch Deckmaßbreiten zwischen 122 bis 126 mm festgestellt sowie Fugen bis zu 6 mm Breite (Bilder 1 bis 3).
In unregelmäßigem Wechsel konnten einerseits konkave und andererseits konvexe Verformungen mit bis zu 3,8 mm Tiefe/Höhe festgestellt werden (Bilder 4 bis 6).
Zum Zeitpunkt des Gutachtertermins wurden eine relative Luftfeuchte von ≤55 % und eine Lufttemperatur ≤ 22 °C gemessen. Die Holzfeuchte lag bei ≤ 11,5 Prozent (Bilder 7 und 8).
Vereinzelt zeigten sich Trocknungsrisse unter anderem auch im Bereich der Äste. Entsprechend den auf der Oberfläche des Holzbodens vorgefundenen, exzentrischen Schleifspuren ist davon auszugehen, dass dieser nachbehandelt worden ist.
Innerhalb eines Arbeitszimmers wurde der Holzboden mit einem Bürodrehstuhl beansprucht, der mit harten Lenk-Doppelrollen ausgestattet ist. Entsprechend der mechanischen Belastung und der „Weichholzstruktur“ der Douglasie lösen sich insbesondere im Bereich der Fladerschnittflächen (liegende Jahresringe) einzelne Jahresringschichten vom Brett ab (Bilder 9 und 10).
Beurteilung
Im Rahmen der Abschlussbesprechung wiesen die Anwesenden darauf hin, dass im Zuge des Ausbaus des Wohnhauses künstliche Bautrocknungsmaßnahmen erforderlich waren, um den Bauzeitenplan einzuhalten. Weiterhin gaben sie an, dass die Holzdielen im Januar angeliefert und vor dem Gebäude im Außenbereich mit Folie abgedeckt gelagert wurden. Zug um Zug wurde dann das Material in der Ausbauphase vom Außenbereich aus kommend innen im Gebäude verarbeitet. Auf einem vorgelegten Lieferschein ist vermerkt: „Douglasie Hobelbretter NF hobelfallend KD getrocknet“.
Während gemäß Baubeschreibung ein „Holzboden aus Douglasie, circa 22 mm stark als Dielenboden“ gefordert war, wurde laut Lieferschein „Douglasie Hobelbretter NF hobelfallend KD getrocknet“ eingebaut – ein entscheidender Unterschied.
Bei dem tatsächlich verwendeten Material handelt es sich um Bretter aus Nadelholz mit seitlicher Nut-Feder-Verbindung, die der DIN 4072 „Gespundete Bretter aus Nadelholz“ zugeordnet werden können. Die Maße solcher „Bretter“ gelten bei 14 bis 20 % (vorzugsweise 16 bis 18 %) Feuchtigkeitsgehalt des Holzes (Messbezugsfeuchte). Entsprechend der DIN 4072 sind die Gütebedingungen des Holzes nach DIN 68 365 „Bauholz für Zimmerarbeiten; Gütebedingungen“ zu beachten.
Insgesamt betrachtet handelt es sich demnach bei den gelieferten und eingebauten Hobelbrettern um Bauholz im Sinne der DIN 4072, die entsprechend dem vorhandenen Ausmaß der Fugen mit zu hohem Feuchtegehalt eingebaut wurden, so dass sich entsprechend dem Wohnklima zwischenzeitlich die Ausgleichsfeuchte von rund 10 bis 12 % eingestellt hat. Dies erklärt auch die unterschiedlichen Deckbreiten der Dielen sowie die zum Teil deutlichen Fugen.
Entsprechend der zitierten Baubeschreibung soll die Beschaffenheit ein „Holzboden aus Douglasie circa 22 mm stark als Dielenboden“ sein. Dafür wäre die DIN EN 13 990, Ausgabe April 2004 „Holzfußböden – massive Nadel-Fußbodendielen; Deutsche Fassung EN 13990:2004“ relevant.
Die Norm legt Maße, Sortierung und Lieferung von Fußbodendielen fest.
Unter anderem sind die Sortierungsbestimmungen für Douglasie angegeben. Die Norm gilt für Produkte aus unbehandeltem natürlichem Nadelholz und für Produkte mit Oberflächenbehandlung. Zudem regelt sie unter Punkt 5.3 „Feuchtegehalt“ unter anderem Folgendes: „Fußbodendielen müssen mit einem Feuchtegehalt von 9 ± 2 % für geheizte Innenräume oder 17 ± 2 % für andere Verwendungen geliefert werden.“
Hobeldielen sind ungeeignet
Das „Fachbuch für Parkettleger“, 3., aktualisierte und erweiterte Auflage, Ausgabe 2006, beschreibt auf Seite 275 unter der Überschrift „Massive Dielen“ unter anderem:
„Gespundete Bretter aus Nadelholz nach DIN 4072 werden auch als Hobeldielen gehandelt. Bei Hobeldielen ist zu beachten, dass nach DIN 4072 keine Holzfeuchte vorgeschrieben ist. Es wird lediglich angegeben, dass die genormten Maße bei einer Holzfeuchte zwischen 14 und 20 % eingehalten werden müssen.
Hobeldielen können also durchaus mit Holzfeuchten bis zu 30 % geliefert werden und sind daher als Fußboden ungeeignet, weil sie im Wohnbereich heruntertrocknen, dabei schwinden und Fugen von mehreren Millimeter Breite bilden.
Die DIN 18 334 (Zimmerarbeiten) schreibt für Dielen eine maximale Holzfeuchte von 12 % vor. Ein weitgehend fugenfreier Holzfußboden setzt eine Holzfeuchte von circa 9 %beim Einbau voraus. Deshalb ist man gut beraten, wenn man nur Dielen verwendet, deren Holzfeuchte sich in der Größenordnung von circa 9 %bewegt. Hobeldielen werden deshalb hier nicht weiter behandelt.“
Fazit
Klargestellt ist mit den zuvor dargelegten Fakten, dass nicht, wie in der Baubeschreibung beschrieben, die Qualität eines Holzbodens aus Douglasie als Dielenboden geliefert wurde, sondern eine Bauholzqualität im Sinne eines Bretterbodens entsprechend DIN 4072 „Gespundete Bretter aus Nadelholz“.
Für die Praxis gilt es deutlich zu unterscheiden, Ausschreibungen und Aufträge genau zu lesen und auch beim Holzeinkauf auf den „kleinen Unterschied“ zu achten. Lassen Sie sich die zugesicherte Holzfeuchte schriftlich bestätigen.