Belag und Unterlage nur mit Freigabe kombinieren

Eigentlich ist es selbstverständlich, dass alle zur Bodenverlegung eingesetzten Komponenten aufeinander abgestimmt sind, das heißt: Jedes verwendete Produkt muss nicht nur für sich gesehen einwandfrei funktionieren und für den Einsatzzweck geeignet sein, sondern es muss sich auch mit allen anderen Materialien der Gesamtkonstruktion vertragen. Bei Verlegewerkstoffen spricht man in diesem Zusammenhang von einem Systemaufbau, bei dem die Einzelkomponenten alle aus dem gleichen Haus kommen.

Aber wie sieht es aus, wenn unter Bodenbelägen Unterlagen verlegt werden sollen? Können in diesem Fall beliebige Produkte unterschiedlicher Hersteller kombiniert werden oder ist es besser, einer Empfehlung zu folgen? In der Praxis ist es immer ratsam, eine Unterlagenempfehlung des Bodenbelag-Herstellers zu beachten, weil dieser damit die Funktionsweise der Materialkombination gewährleistet. Kommt es dennoch zu einem Schaden, haftet im Regelfall der, der die Empfehlung ausgesprochen hat. Zur Verdeutlichung ein teilfiktiver Fall.

LVT-Klick auf selbsthaftender Unterlage

In mehreren Wohnungen wurden Designbodenbelag-Elemente mit mechanischer Kantenverriegelung, sogenannte LVT-Klickbeläge, verlegt. Die Verlegung erfolgte entsprechend einer Produktempfehlung aus der Verlegeanleitung des Bodenbelag-Herstellers auf einer Unterlage aus Polyurethan mit leicht haftender Oberfläche. Diese Unterlage wurde in 1,00 m breiten Bahnen lose/schwimmend auf die zuvor vorbereiteten Untergründe ausgelegt. Im Anschluss wurde die Schutzfolie der haftenden Oberfläche Zug um Zug abgezogen, um dann die LVT-Klickbeläge entsprechend der Herstellervorgaben zu verlegen. Die Abnahme der Flächen erfolgte ohne Beanstandungen.

Nach rund einem halben Jahr zeigten sich jedoch in mehreren Objekten, in denen das gleiche System zum Einsatz gekommen war, wiederkehrend konvexe Verformungen der LVT-Klickelemente. Bei einer der allgemeinen Nutzung der Räume entsprechenden Betrachtungsweise fielen die Verformungen je nach Blickrichtung deutlich störend ins Auge. Eine Messung ergab, dass die Elemente zum Teil über die Breite gehende, konvexe Verformungen von bis zu 3 mm Höhe aufwiesen. Zur Kontrolle der Raum- und Randfugen wurden stichpunktartig in unterschiedlichen Bereichen Wandsockel entfernt – wiederkehrend bestätigte sich eine vorschriftsmäßige Ausführung, die die Bewegung der schwimmend verlegten Fläche nicht beeinträchtigte.

GESAMTEINDRUCK
LVT-Klickbeläge zeigen zum Teil bis zu 3 mm hohe, konvexe Verformungen. Ein Einfluss von Feuchte, Wärme oder Luftfeuchte konnte ausgeschlossen werden.

Zur weitergehenden Ursachenforschung wurden aus den verlegten Flächen mehrfach LVT-Klickelemente aufgenommen. Entgegen der Erwartung, dass sich die einzelnen Elemente mit geringem Kraftaufwand von der haftenden Schicht der Unterlage lösen, hatte sich das Unterlagmaterial untrennbar mit der Rückseite der Kunststoffböden verbunden.

Weiterhin war feststellbar, dass durch das Lösen der Elemente aus dem Flächenverbund keine Entspannung der konvexen Wölbung stattfand: Diese blieben verformt. Einflussfaktoren durch ein ungeeignetes Raumklima oder zu hohe/zu geringe Oberflächentemperaturen sowie zu feuchte Untergründe konnten ausgeschlossen werden. Für labortechnische Untersuchungen wurden die vor Ort entnommenen Elemente sowie unverlegte Rückstellware des Bodenbelags und der Unterlage zur Verfügung gestellt.

IM DETAIL
Auch die Verarbeitung war tadellos: Alle Randfugen waren frei, die Bewegung der schwimmenden Verlegeeinheit nicht beeinträchtigt.

Weichmacherwanderung

Normativ geregelte Materialprüfungen und Untersuchungen ergaben eindeutige Hinweise auf Weichmacherwanderungen vom Belag hin zur Unterlage. Im Einzelnen wurden die LVT-Klickelemente ohne Unterlage sowie lose auf der Unterlage aufliegend als auch auf der Unterlage haftend, untersucht. Die Prüfung ergibt – hier stark verkürzt dargestellt – dass die Elemente für sich genommen einwandfrei dimensionsstabil sind, aus dem Flächenverbund herausgelöst allerdings neigen sie zum Teil deutlich zu Maßänderungen. Diese nehmen mit der Lagerungsdauer zu und erreichen dann Ausmaße wie im Objekt festgestellt.

Im Zusammenhang der Dimensionsveränderung ist davon auszugehen, dass eine Wechselwirkung zwischen Belag und Unterlage besteht. Daher wurden die Weichmacheranteile der LVT-Elemente vor und nach den Lagerungsintervallen überprüft. Hierbei zeigte sich, dass die Elemente Weichmacher (in diesem Fall solche aus der Gruppe der Terephthalsäureester) abgaben und dass die Unterlage – die von Haus aus keine Weichmacher enthielt – nach der Normlagerung Weichmacher aufgenommen hatte.

Erfahrungsgemäß geht mit dem Weichmacherverlust aus einem Kunststoff auch ein Masse-/Volumenverlust einher, das heißt: Die Ursache der konvexen Verformungen der Elemente ist auf eine Verkürzung der Unterseite zurückzuführen. Daraus resultieren Spannungen und in der Folge die beanstandeten Verformungen. Auch die untrennbare Verbindung von Belag und Unterlage ist in der Weichmacherwanderung begründet.

WECHSELWIRKUNG
Beim Aufnehmen wurde festgestellt, dass sich der Belag mit der Unterlage untrennbar verbunden hatte. die Verformung der aus dem Flächenverbund gelösten Elemente blieb bestehen.

Wissenswertes

Im Kommentar zur ATV DIN 18365 „Bodenbelagarbeiten“, 2017, heißt es im Punkt 2.10 Unterlagen unter anderem: „Unterlagen müssen auf den Bodenbelag, Klebstoff und die Nutzungsanforderungen abgestimmt sein. Bei besonderen Anforderungen, zum Beispiel Stuhlrollen, Fahrverkehr, Fußbodenheizung, Brandverhalten, ist die Eignung der Kombination Bodenbelag/Unterlage inklusive der verwendeten Verlegewerkstoffe nachzuweisen.

Werden Unterlagen in Kombination mit Bodenbelägen verwendet, ist außerdem zu prüfen, ob und inwieweit die zugesicherten Eigenschaften und Leistungsmerkmale der Bodenbeläge erhalten bleiben. Eine Freigabe zur Kombination von Bodenbelägen mit Unterlagen sollte sowohl vom Hersteller der Unterlage als auch vom Bodenbelagshersteller erfolgen. Unterlagen dürfen die Nutzungsdauer und -eigenschaften des Bodenbelages nicht nachteilig beeinflussen.“

Fazit

Im geschilderten Fall hat der Bodenleger fachlich einwandfrei gearbeitet und seinen Konstruktionsaufbau – die Kombination von Unterlage und Bodenbelag – auf Empfehlung des Belagherstellers gewählt. Nach unserer Rechtsauffassung ist dieser daher auch für den entstandenen Schaden verantwortlich. Anders sähe es aus, wenn der Bodenleger eigenmächtig Belag und Unterlage kombiniert hätte. Hier trägt er das Risiko.

Unter diesem Gesichtspunkt ist es also immer ratsam, einer „Aufbauempfehlung“ des Herstellers zu folgen oder sich schriftlich eine geplante Kombination für ein konkretes Bauvorhaben freigeben zu lassen. Bei einer Belagsverlegung auf Unterlage ist auch zu bedenken, dass sich zugesicherte Eigenschaften des Belags in der Gesamtkonstruktion verändern können (siehe Wissenswertes).

Übrigens: Der hier beschriebene Bodenbelag wurde bereits vom Markt genommen und bei der verwendeten Unterlage handelt es sich um eines der meistverkauften Produkte am Markt.