Sind Bodenbeläge „beeindruckend“?
Das Eindrucksverhalten von elastischen Bodenbelägen
So missverständlich die Überschrift klingt, so unmissverständlich zeigt sie auch die Situation, wenn es darum geht, die Ursache von optisch erkennbaren, bleibenden Eindruckstellen in den Oberflächen von geklebten Bodenbelägen festzustellen. Elastische Bodenbeläge sind heute nicht mehr bloß Nutzbeläge, die eine Gehschicht herstellen.
Richard A. Kille
Die bei textilen Bodenbelägen seit Jahren bekannten gestalterischen Möglichkeiten in Muster, Farbe und Design wurden auf elastische Bodenbeläge wie Gummi-, Linoleum, Polyolefin und PVC-Beläge übertragen. So kommt es dem Auftraggeber heute nicht nur auf die technischen Kriterien bei der Wahl einer dieser Beläge an, sondern er stellt auch an den optischen Gesamteindruck hohe Anforderungen.
Reklamationsgrund: Störende Eindrücke
Ein Wesensmerkmal elastischer Beläge ist es, dass aufgrund der hochglänzenden Einpflege jede Oberflächenveränderung „ins Licht gerückt“ bzw. sichtbar wird.
Auffallend häufig wurden daher in der Vergangenheit bleibende, optisch erkennbare Eindrücke in der Oberfläche von verklebten elastischen Belägen beanstandet. Dabei kann es sich einerseits um Eindruckstellen, deckungsgleich zu Stuhlbeinen, Standfüßen von Mobiliar usw. handeln, andererseits auch um „Fahrspuren“, die durch kleine, harte (nicht genormte) Rollen mobiler Funktionsmöbel entstehen können.
Mehr oder weniger kann jede punktuelle Last eine Deformierung der Oberfläche eines elastischen Belages verursachen. Diese muss nicht immer als bleibende Deformierung bzw. bleibender Eindruck sichtbar sein. Durchaus zeigen, je nach Art und Konstruktion der elastischen Bodenbeläge, diese nach Entlastung ein entsprechendes Wiedererholungsvermögen. Bleibende, optisch erkennbare Eindruckstellen veranlassen jedoch je nach Sensibilität und subjektivem Empfinden des Auftraggebers Beanstandungen.
Wer sich für einen neuen elastischen Bodenbelag entschieden hat, erwartet als selbstverständlich eine völlig ebene Fußbodenfläche. Bei Beanstandungen wird daher immer das Eindruckverhalten des Bodenbelages reklamiert. Je nach Betrachtung einer Fußbodenfläche, Ausleuchtung sowie Schräglichteinwirkung können die zur Diskussion stehenden Eindrücke innerhalb der Oberfläche von elastischen Bodenbelägen sehr störend sein.
Dass diese zunächst in der Oberfläche der elastischen Bodenbeläge erkennbaren Druckstellen oder Eindrücke durch abnorme, zum Teil scharfkantige Punktbelastungen verursacht werden – infolgedessen ein „unsachgemäßer Gebrauch“ die Ursache ist – dürfte dem Fachmann bekannt sein (siehe Foto 1).
Vom Grundsatz her könnte die Beanstandung damit geklärt sein, denn einerseits liegt unsachgemäßer Gebrauch durch Punktbelastung vor, andererseits heißt es ja in der VOB – Teil C DIN 18 365 „Bodenbelagarbeiten“ – unter Punkt 3.2. „Maßtoleranzen“ wie folgt:
„Bei Streiflicht sichtbar werdende Unebenheiten in den Oberflächen von Bauteilen sind zulässig, wenn die Maßtoleranzen von DIN 18 202 eingehalten worden sind.“
Dieses Argument trifft jedoch für punktuelle Deformierungen innerhalb der Oberfläche von verklebten elastischen Bodenbeläge nicht genau den Kern des Problems. Natürlich kommt es auch auf die Art und Weise der optischen Betrachtung einer Fußbodenoberfläche an. Ein Auftraggeber stellt seine Interessen oftmals damit klar, dass er mit Halogenlicht die Bodenoberfläche ausleuchtet und jede Deformierung noch zusätzlich mit Signalfarbe kennzeichnet. Ein Sachverständiger hingegen geht von der üblichen Betrachtung eines Fußbodens aus, das heißt, er prüft die Oberfläche in aufrechter Haltung, ohne Schräglicht-Beleuchtung oder andere Lichtbrechungseffekte. Dennoch kann es durchaus sein, dass die übliche Gebrauchssituation eines Raumes eine ständige Streiflichtsituation ist oder die Fußbodenoberfläche von der Sitzposition aus betrachtet wird. Für einen Sachverständigen eine nicht immer einfache Beurteilung, die immer eine klare Aussage beinhalten sollte.
Helfen Normen weiter ?
Schon seit Jahrzehnten werden elastische Beläge hinsichtlich ihres Eindruckverhaltens geprüft. Die DIN 51955 „Prüfung von organischen Bodenbelägen (außer textilen Belägen, Eindruckversuch zur Bestimmung der Wiedererholung nach konstanter Belastung“ ist eine bewährte Prüfungsmethode, die auf „europäischer Ebene“ abgelöst worden ist.
Die Bestimmung des Resteindrucks nach konstanter Belastung elastischer Bodenbeläge erfolgt heute nach DIN EN 433. Bei dieser Prüfmethode werden Stahlzylinder mit einer Fläche von 100 mm (bei PVC und Gummi-Bodenbelägen etc.) und einer Gesamtlast von 500 N über einen Zeitraum von 150 Minuten auf den Prüfkörper des jeweiligen Bodenbelags gepresst. Danach wird die Tiefe des Eindrucks auf 0,01 mm genau gemessen und so auch nach weiteren 150 Minuten Entlastung.
Nach neuester Normung soll gemäß DIN EN 649 „Elastische Bodenbeläge, homogene und heterogene Polyvinylchlorid-Beläge; Spezifikation“ (Ausgabe Januar 1997) der Resteindruck (Mittelwert) 0,1mm nicht überschreiten.
In der Regel unterschreiten die Markenprodukte der PVC Beläge deutlich die jeweils in den Normen vorgegebenen Grenzwerte. Werden die beanstandeten bleibenden Eindruckstellen innerhalb der verklebten elastischen Beläge im Objekt geprüft, liegen nicht selten Eindrucktiefen von 0,3 mm und mehr vor.
Ist Resteindruck häufig mangelhaft ?
Nein! Es kommt nicht häufig vor, dass elastische Bodenbeläge im Resteindruck mangelhaft sind. Bei der Ursachenforschung und möglichen Prüfung von Rückstellmustern des jeweils betroffenen, elastischen Bodenbelags wird überwiegend das Leistungsmerkmal des zulässigen Resteindrucks bestätigt, das heißt der Bodenbelag ist in dieser Hinsicht der Norm entsprechend.
Zur Möglichkeit der Deformierung eines elastischen Belages gehören mehrere Faktoren und so auch die Klebstoff-Fuge und der Untergrund.
Fallbeispiel 1
Bei der Ursachenforschung der auf Foto 1 gezeigten, bleibenden Eindruckstellen wurden partiell die betroffenen Flächenbereiche des PVC-Bodenbelages deckungsgleich zum Eindruck (Foto 2) vom Untergrund aufgenommen. Für die vollflächige Klebung des PVC-Bodenbelages wurde ein handelsüblicher Dispersionskleber verwendet, der für „Nass- und Haftklebung“ anwendbar ist.
Nach dem Aufnehmen der PVC-Bodenbelagsteilfläche vom Untergrund (Foto 3) wurde festgestellt, dass deckungsgleich zum erkennbaren Eindruck aus der Oberfläche des Bodenbelages die Klebstoffriefen zusammengepresst vorlagen, während die angrenzenden Klebstoffriefen nur etwa zur Hälfte der Riefendicke zusammengedrückt waren.
Der Klebstoffauftrag erfolgte gemäß der Verarbeitungsrichtlinie des Klebstoffes mit einem feingezahnten Klebstoffspachtel der Größe „A 2/A 3“.
Zur Orientierung wurde in die bereits komprimierten Klebstoffriefen auf dem Untergrund der Holzgriff eines Werkzeuges von Hand eingedrückt und hierbei erneut eine zusätzlich bleibende Komprimierung der Klebstoffriefen verursacht (Foto 4).
Die Ursache
Es erklärt sich von selbst, dass der verklebte PVC-Belag hinsichtlich des Resteindruckverhaltens nicht zu beanstanden ist. Unbefriedigend ist jedoch die Feststellung, dass der nicht zu beanstandende PVC-Belag dem Stand der Technik entsprechend handwerklich ordnungsgemäß verlegt und geklebt wurde und trotzdem die Beanstandung erkennbar gegeben ist. Die Belagoberfläche zeigt unschöne, bleibende Eindrücke, die durch die Zusammendrückbarkeit der Klebstoff-Fuge entstehen.
2. Fallbeispiel
In einer Kantine wurde Gummi-Bodenbeläge auf einem ordnungsgemäß vorbereiteten, alten Untergrund verklebt. Kaum 3 Monate später wurden optisch störende Eindruckstellen auf der Oberfläche des Belages beanstandet (Foto 5).
Die Fußbodenkonstruktion und auch der verklebte Gummiboden haben enorme Punktlasten auszuhalten, da je nach Bedarf mobile Tresen in der Kantine aufgestellt werden.
Im Rahmen der Ursachenforschung wurde der Gummiboden auf Höhe der Eindruckstelle eingeschnitten und vom Untergrund aufgenommen.
Deutlich zu erkennen war, dass deckungsgleich zum vorhandenen Eindruck die Dicke des Gummibelages gleich geblieben ist, die Klebstoff-Fuge aber komprimiert und zusätzlich auch eine Deformierung im Untergrund gegeben war (Foto 6).
Während die Komprimierung der Klebstoff-Fuge bereits durch das erste Fallbeispiel erklärt ist (siehe auch Foto 7), ergibt sich als zweite Ursache des bleibenden Eindrucks, dass der tragende Untergrund bzw. die Estrichkonstruktion aus einem Gussasphalt besteht. Der Gussasphalt, letztlich ein Thermoplast, wird sich früher oder später bei hohen Punktlasten deformieren, das heißt eindrücken.
Schlussfolgerungen
Bleibende Eindrücke innerhalb der Oberfläche verklebter elastischer Bodenbeläge sind eher selten auf einen Defekt des Bodenbelages selbst zurückzuführen.
Entsprechend den allgemeinen, anerkannten Regeln des Fachs und dem Stand der Technik haben sich für die Klebung elastischer Bodenbeläge, insbesondere PVC-Bodenbeläge, sogenannte „Nass und Haftbettklebstoffe“, letztlich Dispersionsklebstoffe bewährt, die überwiegend mit einem Klebstoffzahnspachtel gemäß „TKB-Bezeichnung der Größen A 1 bis A 3“ aufgezogen werden.
Zur Feststellung, in welchem Verhältnis der Resteindruck eines elastischen Bodenbelages zum Resteindruck einer Klebstoff-Fuge steht, wurde folgende Versuchsmaßnahme durchgeführt:
Aus einer homogenen 3,0 mm dicken PVC-Bodenbelagplatte wurden Proben für die normengerechte Prüfung des Resteindruckes nach konstanter Belastung herausgeschnitten und geprüft.
Parallel sind Proben beim Einsatz eines handelsüblichen, geeigneten Dispersionsklebstoffes, der als Nass- und Haftbettklebstoff empfohlen wird, auf Stahlplatten geklebt worden. Die Klebstoffauftragsmenge wurde gemäß Vorgabe mit dem Klebstoffzahnspachtel A 2 vorgenommen – bei Beachtung der Ablüftezeit von 45 Minuten das heißt es wurde eine Haftklebung nach Transparentwerden der Klebstoffriefen durchgeführt.
Die geklebten Proben sind nach gleicher Prüftmethode hinsichtlich des Resteindruckes nach konstanter Belastung getestet worden.
Die praxisorientierte Laborprüfung hat die Erkenntnisse zur Ursache bleibender Eindruckstellen innerhalb verklebter, elastischer Bodenbeläge im Objekt bestätigt. Die Versuchsmaßnahme hat gezeigt, dass bei korrekter Verklebung des geprüften PVC-Belages der Resteindruck etwa 5fach höher liegt als der Resteindruck des nach Norm geprüften PVC-Bodenbelages allein.
Während der Resteindruck in der Oberfläche des geprüften Bodenbelages bei normengerechter Prüfung optisch nur schwer erkennbar ist (Foto 8), zeigt sich der etwa 5fach höhere Resteindruck durch die Komprimierung der Klebstoff-Fuge (Foto 9).
Die Erfahrungen mit Beanstandungen dieser Art, einhergehend mit normengerechten Materialprüfungen und Laborprüfungen, die praxisorientiert sind, bleibt festzuhalten, dass nach dem derzeitigen Stand der Technik die handelsüblichen, für die Klebung von elastischen Bodenbelägen empfohlenen Dispersionskleber (Nass-/ Haftklebstoffe), insbesondere bei der Realisierung einer Haftklebung, den wesentlichen Anteil der „Wegstrecke“ zum bleibenden Resteindruck bei der dargelegten Versuchmaßnahme ausmachen.
Empfehlung für den Verarbeiter
Dem Verarbeiter bleibt nur die Möglichkeit, konsequent einen „verlegereifen“ saugfähigen Untergrund zu schaffen, eine technisch vertretbar kurze Ablüftezeit zu wählen und einen möglichst dünnen, aber dennoch funktionsfähigen Klebstoff-Film herzustellen, um weitgehend dem Risiko der Beanstandung hinsichtlich bleibender Eindruckstellen aus dem Wege zu gehen.
Absolut werden sich jedoch Deformierungen, das heißt Eindrücke innerhalb der Oberfläche elastischer Bodenbeläge nicht vermeiden lassen.
Was uns bleibt, ist die Möglichkeit aufklärend zu wirken und den Bauherrn sowie Planer darauf hinzuweisen, dass der Resteindruck eines nach Norm geprüften elastischen Bodenbelages nicht gleichzustellen ist mit einer eventuellen Eindruckstelle innerhalb eines verklebten elastischen Bodenbelages, die möglicherweise auch noch durch abnorme Punktlasten verursacht wurde.
IFR, Sachverständigenbürogesellschaft für Fußbodentechnik und Raumausstattung mbH, Köln
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Quelle: RZ Raumausstatter Zeitschrift, München