Besondere Sorgfaltspflicht besteht bei nicht unterkellerten Räumen
Um eine fachgerechte Bodenbelagsverlegung zu planen und anbieten zu können, muss der Auftragnehmer über die Art des Untergrundes informiert werden. Diese Informationen müssen ihm vom Auftraggeber zugänglich gemacht werden – sowohl im Neu- als auch im Altbau. Fehlen Angaben – beispielsweise zur Estrich- oder Konstruktionsart, zu Estrichdicken oder Fußbodenheizungssystemen – ist besondere Vorsicht geboten. Die Sorgfaltspflicht des Bodenlegers kann nach eigenem Ermessen zur Bedenkenanmeldung führen. Ein teilfiktiver Fall verdeutlicht die Tragweite, wenn wichtige Informationen fehlen.
Im Erdgeschoss eines historischen Gebäudes sollte ein Elementboden auf Holzwerkstoffbasis verlegt werden. Nach den vorliegenden Erkenntnissen des Auftragnehmers für Bodenbelagarbeiten handelte es sich beim Untergrund um einen zementären Estrich auf Dämmschicht, der einerseits als Heizestrich und andererseits als unbeheizter Estrich ausgeführt wurde. Die „schwimmende Estrichkonstruktion“ wurde erdreichangrenzend auf einem vorhandenen Verbundsteinpflaster verlegt.
Hierzu sollten zunächst auf der Oberfläche des Verbundsteinpflasters Abdichtungsbahnen und darauf eine Dämmschicht verlegt worden sein, auf der die Kunststoffrohre der Fußbodenheizung mit einem Tacker-System befestigt worden sind.
Nach Auskunft des Bodenlegers, dem ein Auf- und Abheizprotokoll vorgelegt wurde, nahm dieser vor den Verlegearbeiten – elf Wochen nach der Estrichverlegung – an vier markierten Prüfstellen Stemmgutproben für eine Feuchtemessung nach der Calciumcarbid-Methode. Diese ergaben einen Feuchtegehalt von 1,6 bis 1,8 CM-Prozent.
Die Verlegung der Elemente (638 x 311 x 4,5 mm) erfolgte schwimmend mit Klicksystem auf einer systembezogenen Trittschalldämmung mit integrierter Dampfsperre. Das Ergebnis wurde ohne Beanstandungen abgenommen.
Verformte Elemente
Gut zwei Wochen später zeigten sich konkave Verformungen der Paneele, die auf dem Heizestrich verlegt worden waren (Bild 1). Die im unbeheizten Bereich verlegten Elemente zeigten hingegen keine signifikanten Veränderungen (Bild 2).
Eine stichprobenartige Überprüfung der verformten Elemente zeigte, dass diese im Durchschnitt Übermaße von 0,5 mm in der Länge und 0,35 mm in der Breite aufwiesen. Zudem wurde auf der Fläche verteilt die Oberflächentemperatur gemessen und festgestellt, dass auf der Oberfläche der Dämmschicht eine Temperatur von 25 bis 26 Grad Celsius vorliegt (Bild 3).
Die Unterseite einzelner Elemente zeigte deutliche Spuren von Feuchtigkeit sowie dunkle Verfärbungen der Kanten (Bilder 4 und 5).
Zudem wurde auch unterhalb der 1,5 mm dicken Dämmunterlage Feuchte im Aggregatzustand flüssig festgestellt (Bild 6).
Zur Überprüfung des Feuchtegehaltes des Estrichs wurde eine Prüfstelle im unbeheizten Bereich des Estrichs eingerichtet. Hierbei wurde festgestellt, dass der Estrich eine Dicke von 9,0 cm aufweist.
Im oberen Drittel des Zementestrichs (bis circa 3,0 cm Tiefe) wurde ein Feuchtegehalt von 0,95 CM-Prozent gemessen. Die unteren zwei Drittel des Zementestrichs (3,0 bis 9,0 cm Tiefe) ergaben einen Feuchtegehalt von 2,25 CM-Prozent (Bild 7).
Die Messung der relativen Luftfeuchte innerhalb der Stemmprobenentnahmestelle ergab bei einer Temperatur von 19,9 Grad Celsius 83,0 Prozent (Bild 8). Der Taupunkt liegt in diesem Klima bei 16,9 Grad Celsius.
Die weitergehende Überprüfung zeigte, dass sich unterhalb des Estrichs zwei Lagen Wärmedämmung befinden. Dabei war erkennbar, dass die obere zementestrichangrenzende Lage mit einer Folienoberseite kaschiert ist, auf der die wasserführenden Heizrohre getackert worden sind. Das heißt: Die Heizungsrohre wurden mit einem Klammersystem, das die Folie durchtrennt und sich in der Dämmung verhakt, befestigt.
Weitere feuchteabdichtenden Schichten oder Folien wurden weder unterhalb des Zementestrichs, noch oberhalb des Verbundsteinpflasters vorgefunden.
Beurteilung
Ursächlich für die Verformung der Holzwerkstoff-Elemente ist überhöhte Feuchte, für dessen Auftreten es mehrere Ursachen geben kann, deren Klärung nicht Bestandteil des Gutachterauftrags war. Tatsache ist, dass die Folienkaschierung der Dämmschicht, auf die die Heizungsrohre getackert wurden, perforiert ist und demzufolge auch im Sinne der DIN 18 195 „Bauwerksabdichtungen“ keine Feuchtesperre oder Abdichtung mehr darstellt. Aufsteigende Feuchte aus dem erdreichangrenzenden Verbundsteinpflaster kann so zum Schaden führen. Die Estrichkonstruktion entspricht somit nicht den normativen Vorgaben.
Erschwerend kommt hinzu, dass auch Vorgaben der Verlegeanleitung nicht eingehalten wurden. So gibt der Hersteller der Elementböden vor, dass auf Untergründen, die an das Erdreich grenzen, eine zusätzlich Dampfsperre aus einer mindestens 1,2 mm dicken Folie eingebracht werden muss. Weiterhin heißt es, dass vor der Verlegung auf Böden mit einer Warmwasser-Fußbodenheizung unbedingt eine „Dampfsperre“, bestehend aus einer 0,2 mm starken PE-Folie einzubringen ist.
Zweifelsfrei ist, dass die Heizestrichkonstruktion im Sinne der DIN 18 560-2 Mängel aufweist. Im normativen Sinn fehlt die Abdichtung gegen Bodenfeuchte und nicht drückendes Wasser, die vom Bauwerksplaner festzulegen und vor Estricheinbau herzustellen ist.
Was sagt die Norm?
Im Standardwerk „Kommentar und Erläuterungen VOB DIN 18 365 – Bodenbelagarbeiten“ (Kaulen/Strehle/Kille) heißt es unter Punkt 3.1.1 unter anderem: „Allerdings muss der Auftragnehmer im Falle vorhandener, erdreichberührter Fußbodenkonstruktionen den Auftraggeber befragen, ob und inwieweit ordnungsgemäße, normgerechte Abdichtungsmaßnahmen geplant und ausgeführt wurden. Das Ergebnis der Befragung sollte schriftlich bestätigt werden. Darüber hinaus ist der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten in solchen Fällen von anderen Prüf- und Sorgfaltspflichten freigestellt.“
Und weiter: „Die Temperatur der Oberfläche des Untergrundes sollte nicht unter 15 Grad Celsius liegen. Anstrebenswert sind 18 Grad. Belag und Klebstoff sollen der Temperatur des Untergrundes angepasst sein. Die Lufttemperatur sollte mindestens 18 Grad Celsius betragen, die relative Luftfeuchte allein schon wegen der damit im Zusammenhang sich ergebenden Ausgleichsfeuchte der Estrichuntergründe (Sorptionsgleichgewicht) möglichst nicht mehr als 65 %, jedoch 75 % nicht überschreiten.“
Fazit
Die fehlerhafte Ausführung der Abdichtung gegen Bodenfeuchte fällt nicht in den Verantwortungsbereich des Bodenlegers. Allerdings hätte er bei Beachtung der Verlegeanleitung und dem Ausbringen weiterer Folien den Schaden vermutlich verhindern können. Ein Erkennen der möglicherweise schadensforcierenden klimatischen Verhältnisse kann vom Bodenleger im beschriebenen Fall nicht erwartet werden. Dennoch wäre er gut beraten, sich im Fall eines so speziellen Verlegeauftrages die fachgerechte Herstellung des Estrichs schriftlich bestätigen zu lassen und bei fehlenden Angaben Bedenken anzumelden.