Vermutliches Reinigungsproblem entpuppt sich als Belagsmakel
Häufig werden ständig wiederkehrende oder scheinbar nicht zu entfernende Schmutzanhaftungen auf Bodenbelägen auf eine mangelnde oder unsachgemäße Reinigung und Pflege zurückgeführt – oftmals zu Recht. So hatte es auch im vorliegenden Fall den Anschein, zumal bereits einige „Fachleute“ die immer wieder auftretenden schwarzen Flecken als Reinigungsproblem erkannten.
Feststellungen
Bei dem überprüften Bodenbelag handelt es sich um einen homogenen PVC-Belag im Fliesen-Format, der in einer Mietwohnung verlegt wurde. Mit Beginn der Nutzung zeigte der zuvor grundgereinigte und eingepflegte Boden schwarze Flecken und Punkte, die sich zunehmend mit dem Gebrauch verstärkten. Zwischenzeitlich erfolgten innerhalb des Wohnzimmers der Wohnung zwei Reinigungsversuche auf einer PVC-Fliese, bei denen die schwarzen Flecken und Punkte entfernt worden sind. Allerdings zeigten sich diese nach einiger Zeit der Frequentierung und Beanspruchung wieder. Gemäß den Angaben der Mieter wurden geeignete Reinigungsmittel in fachgerechter Technik eingesetzt.
Zum Ortstermin waren auf allen PVC-Belagsfliesen, die innerhalb der gesamten Wohnung verlegt worden waren, in unterschiedlich starker Ausprägung schwarze punktartige Flecken erkennbar (Bild 1 und 2).
Untersuchungen vor Ort
Zunächst wurde innerhalb des Wohnzimmers unmittelbar vor dem Fernseher eine mit sichtbaren Punkten behaftete PVC-Fliese näher mikroskopisch untersucht. Zum Teil lagen Gruppierungen punktartiger Zeichnungen auf der Oberfläche vor. Mit einem für PVC-Bodenbeläge geeigneten Fleckentfernungs-/Reinigungsmittel wurden die flecken- und punktartigen Zeichnungen besprüht und die angelösten Oberflächenschichten mit einer Trapezklinge abgeschabt. Danach zeigte sich eine glatte und ebene Oberfläche. Parallel konnten von der Oberfläche der PVC-Fliese Schichten abgelöst werden, die sich, einhergehend mit dem Reinigungsmittel, als „schmierige“ und klebrige Masse zeigten. Bei detaillierter Betrachtung war auch nach Entfernen der fleckenartigen Abzeichnungen der Grundriss der ursprünglichen Fleckenbildung in der Oberfläche der PVC-Fliese sichtbar.
Insgesamt betrachtet zeigte sich nach der punktartigen Reinigungsmaßnahme eine saubere PVC-Bodenbelag-Oberfläche. Beim Absuchen der intensiv gereinigten Fläche wurden Gruppierungen von Oberflächenirritationen des PVC-Bodenbelages festgestellt.
Im weiteren Verlauf der Überprüfung wurden wiederholt gleich gelagerte Erscheinungsbilder in der Art festgestellt, dass die Oberfläche einzelner PVC-Bodenbelagfliesen zum Teil in Gruppierungen, insbesondere in Laufstraßenbereichen sowie Drehachspunktbereichen, schwarze Flecken und Punkte zeigt, die deckungsgleich Strukturfehler in der Oberfläche des PVC-Bodenbelages aufweisen. Für weitergehende Untersuchungen im technischen Labor des IFR Köln wurde eine betroffene Fliese vom Untergrund aufgenommen.
Untersuchungen im Labor
Eine fachgerechte Grundreinigungs- und Einpflegemaßnahme an der entnommenen Fliese zeigte kein zufriedenstellendes Ergebnis. Es war nicht möglich, eine einwandfrei eingepflegte Oberfläche herzustellen. Aufgrund dieser Situation wurde vermutet, dass im Vorfeld der mehrfach durchgeführten Reinigungsversuche die PVC-Fliese Behandlungen erfahren hat, die eine Untersuchung im Hinblick auf die Ursache unmöglich macht. Aus diesem Grund wurde bei einem erneuten Gutachtertermin eine weitere Fliese entnommen.
An der betreffenden Fliese wurde eine rechteckige Teilfläche abgegrenzt und mit handelsüblichem Grundreinigungsmittel gereinigt. Danach zeigte sich bei gebrauchsüblicher Betrachtung eine optisch einwandfreie Oberfläche des PVC-Bodenbelages (Bild 3). Diese „saubere“ Fläche wurde mit fluoreszierenden Farbpigmenten (Tagesleuchtrot) abgerieben. Dabei war erkennbar, dass in Strukturunterschieden, Perforationen oder sonstigen Irritationen Pigmentkonzentrationen zurückblieben.
Mikroskopie und Anwendung von UV-Fluoreszenztechnik
Eine Mikroskopie ergab, dass innerhalb der Oberfläche flecken-, punkt-, letztlich kreisähnliche Vertiefungen vorliegen, in denen beim täglichen Gebrauch Kontaktschmutz anhaftet und festsetzt, so wie sich auch die fluoreszierende Flüssigkeit an gleicher Stelle festsetzen (Bild 4). Beim Vergleich von Bild 4 mit Bild 5 zeigt sich, einhergehend mit der ausgeschnittenen Mikroskopvergrößerung, deutlich, dass vom Ursprung ausgehend der Kontaktschmutz als schwarze Flecken und Punkte in gleicher Art und Formation anhaftet wie die fluoreszierende Flüssigkeit (Bild 5).
Auch ein im Rahmen des zweiten Gutachtertermins bereitgestelltes Rückstellmuster des homogenen PVC-Belages aus gleicher Charge wies identische Merkmale auf. Bei detaillierter Betrachtung wurden auch in dieser bisher unverlegten Fliese Unregelmäßigkeiten und Perforationen festgestellt, die in Gruppierungen markiert sind (Bild 6).
Die festgestellten Unregelmäßigkeiten auf der Oberfläche sind bei gebrauchsüblicher Betrachtung „unscheinbar“. Bei entsprechende Ausleuchtung und Fotogeometrie werden sie aber deutlich erkennbar (Bild 7).
Die stereomikroskopische Betrachtung des Querschnitts einer Perforation zeigte, dass sich innerhalb der 2,0 mm dicken PVC-Bodenbelagskonstruktion Luftporeneinschlüsse befinden, die zum Teil direkt unterhalb der Oberfläche des PVC-Bodenbelages liegen (Bild 8).
Zusammenfassung
Es wird klar, dass die festgestellten Perforationen „wie aufgeplatzte Blasen in einer Folie“ Strukturen verursachen, in denen sich Kontaktschmutz ansammeln und anhaften kann. Diese sind durch eine Intensivreinigung neutralisierbar, wobei sie nach kurzer Zeit, auch wenn die Fläche mit einem Pflegemittel beschichtet wurde, gleichermaßen wieder sichtbar werden. Die beschriebenen Erscheinungsbilder sind zweifelsfrei auf eine Fehlproduktion des Belages zurückzuführen.
Entsprechend der insbesondere vor Ort innerhalb der Perforationen festgestellten, „schmierigen“ Substanzen erscheint der verlegte PVC-Bodenbelag gegebenenfalls auch Weichmacher abzugeben, die, insbesondere im Bereich der Perforationen der Oberfläche, die Pflegebeschichtung anlösen, sodass wiederholt an immer wieder gleicher Stelle Kontaktschmutz anhaftet.
Fehler im Herstellungsprozess?
Die im vorliegenden Fall beschriebenen Perforationen wurden zweifelsfrei auf eine Fehlproduktion des PVC-Belages zurückgeführt. Die Feststellung zur Ursache der Erscheinungsbilder war jedoch nicht Bestandteil des Gutachterauftrages, sodass auch keine verbindliche Aussage zur Entstehung getroffen werden kann. Es wird allerdings vermutet, dass diese im Herstellungsprozess zu finden ist: Der überprüfte homogene PVC-Belag wird in Bahnen im Kalanderverfahren hergestellt. Im Produktionsprozess wird überwiegend PVC als Granulat angeliefert. Gemischt mit mineralischen Füllstoffen, Farbpigmenten sowie Weichmachern und Stabilisatoren, werden die Rohstoffkomponenten zu einer Masse geknetet, die dann unter Hitze und Druck ausgewalzt wird. Im vorliegenden Fall gehen wir davon aus, dass bei der Homogenisierung der Masse zum anschließenden Kalandern unter Hitze und Druck „kalte Granulate“ eingeschlossen wurden, die sich dann in der Oberfläche als „Knubbel“ zeigten, wobei auch andererseits davon ausgegangenen wird, dass weitere Unregelmäßigkeiten bei der Homogenisierung zu Lufteinschlüssen geführt haben, die optisch das Erscheinungsbild ergeben, als würden einzelne Folienteilchen nicht homogenisiert aufeinander liegen.