Der ästhetische Anspruch an eine Bodenbelagsarbeit ist zu einem gewissen Teil Geschmackssache und damit stets subjektiv. Auch bei bester technischer Ausführung kann es zu Beanstandungen kommen – ob berechtigt oder nicht. Um dies zu verhindern, sind dem Kunden Möglichkeiten und Grenzen der Arbeit des Bodenlegers offen zu kommunizieren. Dazu gehört es auch, einen höheren Aufwand für eine gewünschte Optik in Rechnung zu stellen – ein teilfiktives Beispiel.
Störende Fugen unter den Fußleisten
In einer Neubau-Wohnung wurden auf gut 100 Quadratmetern Mehrschichtparkett-Elemente mit einer Decklage aus heller Eiche vollflächig verklebt sowie Fußleisten in der Holzart Eiche montiert. Die Abnahme erfolgte ohne Beanstandung.
Erst während der Nutzung empfand der Auftraggeber Fugen zwischen Parkett und Fußleiste als störend. Die Ursache für die Fugen sah er in einem unebenen Boden und reklamierte die gesamte Arbeit. Zur Klärung des Sachverhalts wurde schließlich ein Gericht angerufen, das ein Gutachten in Auftrag gab.
STEIN DES ANSTOSSES
Neben einigen kleineren Fugen von 2 bis 3 mm zwischen den Fußleisten und der Parkettoberfläche gab es auf 100 Quadratmetern auch wenige größere Fugen.
Keine Toleranzüberschreitungen
Beim Ortstermin machte die Parkettfläche einen tadellosen Eindruck, auch zeigten sich keine auffälligen Fugen zwischen den Unterseiten der Fußleisten und der Oberfläche des Parketts. Eine Überprüfung der Ebenheit in Anlehnung an die DIN 18202 „Toleranzen im Hochbau – Bauwerke“ ergab keine Toleranzüberschreitungen innerhalb der verlegten Flächen.
ÜBERPRÜFUNG
Bei der geöffneten Tür kann man deutlich erkennen, dass das Türblatt nicht parallel zum Boden verläuft. Die Richtlatte verdeutlicht, dass jeweils im Bereich der Belagswechsel der Untergrund angespachtelt wurde, um einen gleichmäßigen Übergang zu gewährleisten.
Die vereinzelt und nur bei genauerem Hinsehen festzustellenden Fugen zwischen Fußleisten und Parkett wiesen Spaltmaße zwischen 2 und 3 mm auf. Die größten Fugen von bis zu 4 mm konnten jeweils an den Wänden festgestellt werden, die an Türen angrenzen, an denen ein Übergang zu einem anderen Belag vorlag: an Bad und Küche mit keramischen Fliesen und dem Hausflur mit Naturstein.
Die Überprüfung dieser Bereiche zeigte, dass die Parkettflächen zum Übergang hin leicht ansteigen, auf einer Länge von 2 m um bis zu 8 mm. Parallel dazu konnte festgestellt werden, dass die circa 4 cm hohen Fußleisten in diesem Bereich abgehobelt wurden, um eine weitestgehend gleichmäßige Auflage parallel zur ansteigenden Parkettfläche zu erreichen (siehe Bild).
DETAIL
Auch an den Türlaibungen im Bereich der Belagswechsel war erkennbar, dass der Boden ein Gefälle aufweist.
Fachgerechte Ausführung
Die Gegebenheiten vor Ort lassen vermuten, dass unterschiedliche Höhenlagen in den Übergängen der Parkettflächen zu den Naturstein-Bereichen und denen mit keramischen Fliesen vorgelegen haben müssen. Dies ist unschön, aber durchaus Alltag in Neubauten.
Im Rahmen seiner Prüfungspflichten stellt der Bodenleger diesen Zustand fest und meldet Bedenken an. Gleichzeitig unterbreitet er seinem Auftraggeber die Möglichkeit, die zu tief liegenden Flächen im Übergangsbereich anzurampen, also einen gleichmäßigen Übergang zu schaffen. Im Regelfall erteilt der Auftraggeber diesen Auftrag und sichert so die zügige Fertigstellung des Gewerkes.
Da in der hier geschilderten Auseinandersetzung der Bodenleger nicht direkt involviert war, lässt sich nur vermuten, dass es so war. Jedenfalls wurden die Anrampungen fachmännisch ausgeführt, die Flächen eben verlegt und auch die Bemühungen, die Fußleisten dem Bodenverlauf anzupassen, wurden zufriedenstellend gelöst. Da es für Fugen zwischen Fußleisten und Bodenbelag keine festgelegten Toleranzen gibt (siehe Wissenswertes), ist aus Sachverständigensicht die Arbeit als fachgerecht ausgeführt zu bezeichnen. Wie letztlich das Gericht die Fugen sowie die Anrampungen beurteilte, ist nicht bekannt.
GEGENPROBE
In den Übergängen ohne Belagswechsel ist der Boden exakt eben und die Fußleisten liegen bündig auf.
Vorbeugende Maßnahmen
Auch wenn es gestalterisch nicht immer gewollt ist, eine Farbgleichheit zwischen Fußleiste und Bodenbelag oder Parkett reduziert die Sichtbarkeit von unvermeidbaren Fugenbildungen – darauf sollten Sie Ihren Kunden unbedingt hinweisen.
Da eine Fußleiste sowohl an der Wand als auch am Boden bündig anliegen muss, sind beide Bereiche auf Ebenheit zu überprüfen. Architekten und Planer sind angehalten, für beide Flächenbereiche – Wandputz und Estrich – erhöhte Anforderungen an die Ebenheit zu stellen. Der Boden- und Parkettleger seinerseits kann mit Hinweis auf die Möglichkeit, Fugen zwischen Fußleisten und Bodenbelag zu verhindern, eine Spachtelung des Estrichs in der Ebenheitsklasse E3 oder E4 als Besondere Leistung anbieten (siehe Wissenswertes).
Um Unstimmigkeiten und Diskussionen nach der Fertigstellung zu vermeiden, empfiehlt es sich, dem Kunden nachvollziehbar zu kommunizieren, welches Erscheinungsbild mit der üblichen handwerklichen Sorgfalt hergestellt werden kann oder welche Mehrarbeiten erforderlich sind, um ein besseres Ergebnis zu erzielen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die ausgesuchten Materialien besonders hochwertig sind oder das Objekt besonders repräsentativ ist. Einzig und allein die Erwartungshaltung des Kunden sollte maßgeblich über den Aufwand und die damit verbundenen Kosten einer absolut zufriedenstellenden Lösung entscheiden.
Wissenswertes
Ausführlich und überaus tiefgreifend wird die Thematik im Kommentar zur DIN 18356 „Parkett- und Holzpflasterarbeiten“, Ausgabe 2019, unter dem Punkt „3.2.6 Fußleisten und Deckleisten“ besprochen.
ISBN: 978-3-924883-19-5
Im Kommentar zur ATV DIN 18365 „Bodenbelagarbeiten“, 2017, heißt es unter Punkt „0.2.20 Art, Maße, Profil und Befestigung von Fußleisten und Deckleisten“ unter anderem: „Der Estrich und die Wand im Montagebereich müssen mindestens der Zeile 3 bzw. Zeile 6, Tabelle 3, DIN 18202, entsprechen. Darüber hinausgehende Anforderungen sind zu benennen. Besonders bei starren Sockelleisten-Systemen hat der Planer die entsprechenden Vorgaben vom Gewerk für die Wandputzarbeiten zu fordern.“
Ebenfalls lesenswert ist das Technische Hinweisblatt 02 „Qualitätsanforderung an die Ebenheit von Untergründen für Bodenbeläge und Parkett“ des Bundesverbandes Parkett und Fußbodentechnik, das zum kostenlosen Download bereitgestellt wird:
www.bv-parkett.de.
Fazit
Sichtbare Fugen im Bereich der Auflageflächen von Fußleisten an der Wand und am Boden sind zu einem gewissen Maß zu tolerieren, aber nicht unvermeidbar. Boden- und Parkettleger haben – ebenso wie Architekten und Planer – Möglichkeiten und Mittel, dem entgegenzuwirken. Dieser Mehraufwand muss klar kommuniziert, angeboten und bei Beauftragung in Rechnung gestellt werden.
Vorhandene Fugen können nicht nach den Maßstäben der DIN 18202 „Toleranzen im Hochbau – Bauwerke“ beurteilt werden, festgeschriebene Toleranzen gibt es nicht. Erfahrungsgemäß werden Öffnungen zwischen 2 und 3 mm noch toleriert, Fugen mit 4 mm oder mehr aber häufig schon reklamiert.
Wie immer ist der Gesamteindruck entscheidend und natürlich die Erwartungshaltung des Kunden, auf die Sie mit einer fundierten Beratung Einfluss nehmen können.