In Zeiten, in denen nur noch einer von zehn Parkettböden tatsächlich aus echtem Holz besteht, der Rest aber aus einem Kunststoff mit Dekordruck, geht die Kenntnis, Holzarten zu bestimmen, langsam verloren. Auch wenn viele noch wissen, dass eine Buche von Hause aus heller als eine Eiche ist, hört das Wissen bei den spezifischen Materialeigenschaften schnell auf. Dabei sind diese Kenntnisse nicht nur für den Parkettleger interessant, sondern auch für den Raumausstatter, wenn er als Polsterer (Sicht-)Holzgestelle zu beurteilen hat, wenn er Fenster- oder Türrahmen streicht oder als Einrichter Materialien aufeinander abstimmen muss. Rund 250 Holzarten werden weltweit gehandelt, aber nur ein Bruchteil davon kommt im Bereich der Raumausstattung zum Einsatz – auf Parkettböden sind es nicht einmal zehn Prozent. Eine Größenordnung, die es verdient hätte, sich näher damit zu befassen.
In der Sachverständigentätigkeit gehört die Holzartenbestimmung zur Pflichtübung: Wie sonst sollte man beurteilen, ob der zu begutachtende Parkettboden tatsächlich der angegebenen Holzart entspricht oder die Eiche in Wirklichkeit Hevea (Gummibaum) ist? Auch wenn im folgenden teilfiktiven Fall schnell und eindeutig die richtige Holzart erkannt wurde, forderte eine Partei, die Bestimmung durch ein Holzinstitut zu bestätigen.
Zweifelsfreie Zuordnung
Laut Paketeinleger sollte es sich bei dem verlegten Parkett um einen „Walnussholz-Fußboden, 3-lagig, 2,5 mm Nutzschicht, Abmessung: 12 x 189 x 1.050 mm“ handeln. An einem zur Verfügung gestellten, unverlegten Original-Paneel konnte bereits vor dem Ortstermin eine Holzartenbestimmung durchgeführt werden. Um die Art der Oberflächenbehandlung und die Holzart der Decklamellen zu bestimmen, wurde die Oberfläche vorsichtig bis aufs rohe Holz abgeschliffen. Hierbei war erkennbar, dass diese lackiert und dunkel gebeizt war.
Die Holzart konnte im Abgleich mit Mustertafeln und -abbildungen eindeutig als Nussbaum klassifiziert werden. Auch die Abmessungen und die Dicke der Nutzschicht stimmten mit den Angaben auf dem Paketeinleger überein. Zudem konnten die vorab gewonnenen Erkenntnisse auch im Objekt an der verlegten Ware unter Zuhilfenahme der zuvor beschriebenen Mustertafeln und -abbildungen bestätigt werden.
DIE SITUATION
In einem Wohnhaus soll ein dunkelbrauner Parkettboden in der Holzart Nussbaum verlegt worden sein.
Dennoch beantragte eine Partei, dass die Holzart neben der Sichtprüfung auch durch eine holztechnologische Untersuchung zu bestimmen sei. Hierzu wurden Proben aus dem bereits untersuchten unverlegten Original-Paneel an ein bekanntes Holzforschungsinstitut geschickt. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei der eingeschickten Probe um Nussbaum (Juglans spp.) handelt.
DIE FRAGE
Es wird angezweifelt, dass es sich bei der Holzart tatsächlich – wie angeboten – um Walnuss handelt.
Ist Walnuss gleich Nussbaum?
Auch wenn nun holztechnologisch die Holzart eindeutig mit Nussbaum bestimmt wurde, wurde die Frage gestellt, ob Nussbaum das Gleiche ist wie Walnuss. Biologisch gesehen ja: Die Walnüsse sind die Frucht des Nussbaums und da dieser überwiegend zur Walnussernte und weniger zur Holzgewinnung gepflanzt wird, wird sein Holz umgangssprachlich oft als Walnuss bezeichnet.
„Die Walnussgewächse (Juglandaceae) bilden eine verhältnismäßig kleine, aber alte Pflanzenfamilie. Sie umfasst insgesamt 64 Arten (Juglans spp.). Der ursprünglich südosteuropäische Baum wird seit Jahrhunderten in gemäßigten Klimazonen Europas, in Teilen von Nordafrika, Ostasien sowie Nord- und Südamerika (Anden-Region) kultiviert.“ (Quelle: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, LWF-Wissen Nr. 60, Beiträge zur Walnuss.)
DIE PRÜFUNG
Ein Abgleich mit Mustertafeln und -abbildungen zeigt eindeutig, dass die Decklamellen aus Nussbaum bestehen und zusätzlich dunkel gebeizt und lackiert wurden.
Die Decklamellen des Parkettbodens bestehen also aus Nussbaum. Das natürliche Erscheinungsbild wurde durch dunkles Beizen und eine seidenmatte Lackierung optisch verändert, entspricht aber immer noch dem allgemeinen Verständnis der Farbe „Nussbaum“ oder eben „Walnuss“. In Parkett-Kollektionen werden solche farbig behandelten Oberflächen oft mit einem Zusatznamen betitelt, also beispielsweise „Planke Rustic, Holzart Eiche“.
Zweifelsfreie Zuordnung
Da Anbieter von Fertigparkett heute nahezu ausnahmslos Fantasienamen zur Produktbeschreibung verwenden, ist es wichtig, seinem Auftraggeber möglichst weitergehende Angaben zu machen. Dazu gehört die Nennung der Holzart der Decklamellen sowie möglichst auch die der weiteren Schichten. Zu benennen ist die Art der Oberflächenbehandlung, also beispielsweise, ob diese geölt oder versiegelt, gefärbt oder gebeizt ist. Aus der Angabe der Parkettart – zum Beispiel Drei-Stab-Schiffsboden – wird zudem die Musterung beschrieben. Ein Hinweis zur Verarbeitung, wie „zur schwimmenden Verlegung mit mechanischem Verriegelungssystem“, ist ebenfalls zu geben, ebenso wie die Nennung der Maße der einzelnen Elemente.
Ein so formuliertes Angebot lässt hinsichtlich des eingesetzten Parketts keine Fragen offen und hätte vielleicht auch den Rechtsanwalt im beschriebenen Fall zufriedenstellen können.
HILFSMITTEL
Eine Holzarten-Sammlung ist nicht nur für den Sachverständigen hilfreich, sie unterstützt auch die Einrichtungsplanung.
Wissenswertes
Sogenannte Holzlexika sind ein unverzichtbares Nachschlagewerk für alle Raumausstatter und Bodenleger. Mit naturgetreuen Texturbildern ermöglichen sie eine exakte Bestimmung der Holzart. Zudem werden häufig alle (auch international) bekannten Namen, die Vorkommen sowie wichtige allgemeine Merkmale (Farbe, Textur und weitere Hinweise) gegeben. Angaben zu wichtigen physikalisch-mechanischen Eigenschaften, zur Dauerhaftigkeit und zur wissenschaftlichen Benennung ergänzen diese Bücher.
Im vorliegenden Fall wurde mit dem „Bildlexikon Holz“ von Rudi Wagenführ, Carl Hanser Verlag (ISBN-10: 3446228519), gearbeitet.
Fazit
Der Fall zeigt, dass es wichtig ist, Produktangaben der Hersteller überprüfen zu können, um seinen Kunden richtig zu beraten. Handelt es sich wirklich um eine geräucherte Eiche oder erhielt diese nur durch eine Oberflächenbehandlung die passende Farbe? Neben der Verpflichtung, korrekt und umfassend zu beraten, ist das Wissen um die richtige Parkettart auch beim Renovieren entscheidend. Während ich lackierte oder geölte Holzoberflächen – je nach Konstruktions- und Verlegeart – einfach abschleifen und versiegeln kann, ist die Wiederherstellung einer gefärbten oder künstlich gealterten Oberfläche nur mit deutlich höherem Aufwand möglich.
Es lohnt also, sich mit der Materie Holz intensiver zu befassen und vielleicht auch mal wieder eine Schulung oder eine Messe zu diesem Thema zu besuchen.