Kille dehnt Untersuchungen nun auf Linoleum- und Kautschukbeläge aus

Redaktionelle Veröfffentlichung der BodenWandDecke, Ausgabe 02/2007
(Holzmann Verlag)

Kille dehnt Untersuchungen nun auf Linoleum- und Kautschukbeläge aus

Jede Menge Diskussionsstoff nicht nur zum Dauerthema CM-Messung und etwaige Alternativen gab es für die gut 180 Teilnehmer am Sachverständigentreffen des Bundesverbands Estrich und Belag (BEB) in Nürnberg. So wurden bezüglich der Verschweißung PUR-beschichteter Beläge die Hersteller unmissverständlich zum Handeln aufgefordert.

Diskussionsleiter und Estrichexperte Heinz-Dieter Altmann hält die CM-Messung für das Prüfverfahren, das am meisten Rechtssicherheit bietet.
Diskussionsleiter und Estrichexperte Heinz-Dieter Altmann hält die CM-Messung für das Prüfverfahren, das am meisten Rechtssicherheit bietet.
BEB-Vorsitzender Hans Uwo Freese freute sich über die Rekordteilnehmerzahl von mehr als 180 Gästen.
BEB-Vorsitzender Hans Uwo Freese freute sich über die Rekordteilnehmerzahl von mehr als 180 Gästen.
IBF-Leiter Oliver Erning: „Die CM-Methode ist für uns das Maß der Dinge.“
IBF-Leiter Oliver Erning: „Die CM-Methode ist für uns das Maß der Dinge.“

Egon Döberl, Geschäftsführer des Unternehmens MIX IT (li. Wolfgang Limp, IBF), zeigte, wie die CM-Messung korrekt vorzunehmen ist.
Egon Döberl, Geschäftsführer des Unternehmens MIX IT (li. Wolfgang Limp, IBF), zeigte, wie die CM-Messung korrekt vorzunehmen ist.
Richard A. Kille, IFR, nahm nach den beschichteten PVC-Belägen jetzt auch Linoleum- und Gummibeläge unter die Lupe.
Richard A. Kille, IFR, nahm nach den beschichteten PVC-Belägen jetzt auch Linoleum- und Gummibeläge unter die Lupe.
Jürgen Ulrich, Vorsitzender Richter des Landgerichts Dortmund, lieferte zwei Stunden lang interessanten Diskussionsstoff.
Jürgen Ulrich, Vorsitzender Richter des Landgerichts Dortmund, lieferte zwei Stunden lang interessanten Diskussionsstoff.

Die Veranstaltung war hervorragend besucht.
Die Veranstaltung war hervorragend besucht.


Als äußerst gelungene Veranstaltung darf so der jährliche Erfahrungsaustausch der Experten im Fußbodenbau im November 2006 bezeichnet werden. Das 7. Treffen dieser Art, das Diplom-Chemiker Heinz-Dieter Altmann gewohnt souverän leitete, stieß auf eine erfreulich gute Resonanz.

Das jedenfalls stellte BEB-Vorsitzender Hans Uwo Freese fest, der gleich zu Beginn auf die Rekordteilnehmerzahl von 180 Sachverständigen hinwies; auch aus Dänemark, der Schweiz und Österreich waren Gäste angereist.

Auf dem Programm stand einmal mehr das brisante Thema Messung des Feuchtegehalts von Estrichen.

Diplom-Physiker Oliver Erning, Leiter des Instituts für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF) in Troisdorf, hatte die nicht abreißenden Diskussionen um die CM-Messung beziehungsweise um die alternativen Verfahren (Luftfeuchtemessungen im Bohrloch, elektrische Prüfungen) zum Anlass genommen, seine Sicht der Dinge nochmals ausführlich darzulegen.

Werte für Bohrlochmessung fehlen

Wieder gab er sich als überzeugter Befürworter der CM-Messung zu erkennen und stellte unzweideutig fest: Die Messung der relativen Luftfeuchte im Bohrloch, die nach Problemen mit Sonderestrichen besonders im süddeutschen Raum in den Vordergrund gerückt war und längst als gängige Prüfmethode in der Praxis angewandt wird, ist nicht baustellengeeignet.

Die CM-Methode ist laut Erning weiter das Maß der Dinge. Gleichzeitig wies der Experte aber auf in der Messpraxis übliche Abweichungen hin.

Seine Auffassung begründete er damit, dass der Zeitaufwand für eine Bohrlochprüfung wegen der sich erst allmählich einstellenden Gleichewichtsfeuchte zu hoch sei, es keine Anforderungswerte gebe sowie Abhängigkeiten hinsichtlich baustoffbedingter Sorptionsisotherme und Temperatur bestünden.

Diese sei wie die Porenstruktur je nach Produkt unterschiedlich sowie noch nicht hinterlegt. Hinzu kämen bei der Prüfung selbst Unsicherheiten (zum Beispiel Temperaturentwicklung infolge Bohrung), welche zwangsläufig auf der Baustelle zu Fehlmessungen führten. Dagegen, sagte der Institutsleiter, sei die Prüfung als eine High-Tech-Labormessung geeignet, sofern die Bedingungen klar definiert seien. Erning räumte jedoch ein, dass die Bohrlochmethode Anhaltspunkte bei Sonderestrichen liefern könne, bei welchen die CM-Methode keine verlässlichen Ergebnisse zeige.

Der Experte hatte sich vor allem mit dem in Skandinavien bekannten Vaisala-Prüfverfahren für Beton auseinandergesetzt, das freilich wegen der relativ dichten Porenstruktur der dort üblichen Betone und der gängigen Materialdicke nicht auf die hiesigen Estriche zu übertragen sei.

In Nordeuropa sind solche Messverfahren üblich, wobei man beispielsweise für schwimmend auf Folie verlegtes Parkett maximale Luftfeuchten im Estrich von zirka 80 Prozent gestattet. Für elastische Beläge werden in Herstellerempfehlungen der Messgeräte orientierende Werte bis 85 Prozent, für Linoleum bis 90 Prozent genannt. Auch einer zerstörungsfreien, sehr schnell und über die Anzahl der Proben aussagekräftigen kapazitativen Messung zeigte Erning die Grenzen aus seiner Sicht auf; er agumentierte mit einem nicht exakt definierten Einfluss von Bindemittel sowie Rohdichte auf das Messergebnis und mit der beschränkten Estrichdicke.

Richter ist besorgt um Rechtssicherheit

Damit war das Thema CM-Messung aber noch nicht abgeschlossen: Jürgen Ulrich, der Vorsitzende Richter am Landgericht Dortmund, nahm die Problematik in seinem Vortrag nochmals auf, indem er die Auseinandersetzung mit dem Thema in der Fachpresse kritisierte. So fürchtet er nach eigenen Angaben Folgen für die in Deutschland vergleichsweise große Rechtssicherheit, wenn die CM-Methode ausdauernd in Frage gestellt werde. Mit dieser Auffassung stieß er auf kaum Gegenliebe bei den anwesenden Sachverständigen; zwar sympathisierte die weit überwiegende Mehrheit mit dem genannten Messverfahren, ebenso wurde aber eine fachlich fundierte Diskussion in der einschlägigen Presse klar befürwortet.

Egon Döberl, der Geschäftsführer der MIX IT GmbH aus dem österreichischen Freistadt, beschäftigte sich mit dem Austrocknungsverhalten von Leichtausgleichsschichten. Er berichtete für diese Variante von einem Marktanteil von 60 Prozent, was den Dämmstoffsektor unter schwimmenden Estrichen in Österreich betrifft, sowie von einem kontinuierlich steigenden Bedarf hier zu Lande. Geringer Platzbedarf bei zugleich geringem Gewicht und der guten trittschall- und wärmedämmenden Wirkung seien Vorzüge des Niveauausgleichs im Unterbau.

Die Herausforderung bestehe jedoch darin, dass es zu negativen Auswirkungen auf die Austrocknung kommen könne. Schadensursache Nummer eins sei daher bei den gebundenen Beschüttungen eine zu hohe Restfeuchte; so bestimmen laut Döberl „die Einbaustärke, die klimatischen Verhältnisse, der W/Z-Faktor sowie die Rohdichte des Ausgleichsmaterials dessen Austrocknungsverhalten“.

Als Feuchteprüfverfahren vor der Weiterverarbeitung sei die Darr-, für die Baustellenmessung dagegen die CM-Methode über den gesamten Querschnitt, nach dem Schnittstellenprotokoll zu erledigen, maßgeblich. Wichtig sei dabei, dass die Dämmung so wenig Feuchtigkeit an eine aufliegende Schicht abgebe, dass die zulässigen Grenzwerte für die Belegreifprüfung nicht überschritten würden. Der Produkthersteller hat danach die zulässige Restfeuchtigkeit anzugeben.

Das sei von Bedeutung, da es zum Beispiel in Österreich etwa zehn unterschiedliche Hersteller gebe. Döberl zog damit einen Vergleich zu beschleunigten Estrichsystemen mit den höchst verschiedenen Herstellerempfehlungen und forderte einheitliche Vorgaben durch eine Norm. Entsprechende Richtlinien seien bereits in Österreich vorhanden sowie aktuell in Überarbeitung, informierte der Fachmann für Ausgleichsschichten.

Wolfgang Limp vom IBF befasste sich mit der Problematik der Laboruntersuchung von Estrichen. Dafür forderte der Diplom-Ingenieur einheitliche Grundlagen, er sprach sich außerdem dafür aus, dass derartige Prüfungen nur in kompetenten Fachinstituten vorgenommen werden sollten.

So sei die einheitliche Stützweite bei Bruchkraftberechnungen, also einer Abschätzung der Tragfähigkeit von Estrichen als praxisüblichem Hinweis zur Gebrauchstauglichkeit, unabdingbar.

Gerade bei mehrschichtigen Systemen sei die Berechnung schwierig, erklärte Limp weiter, da keine lineare Dickenkorrelation kombinierter Aufbauten existiere und zwischen den Schichten weitere Abhängigkeiten zu berücksichtigen seien. Dazu zähle insbesondere die Qualität der Haftung der Materialien untereinander.

Dies demonstrierte der Experte mit verschiedenen Prüfungen von mehrschichtigen Systemen.

Kein gutes Ergebnis bei neuen Schweißtests

Bereits auf einem Sachverständigenseminar in Kassel im Sommer 2006 hatte sich Richard A. Kille, Leiter des Instituts für Fußbodentechnik und Raumausstattung in Köln, sehr kritisch mit dem thermischen Verschweißen PUR-beschichteter Kunststoffbeläge befasst und dabei die Schwierigkeiten beziehungsweise handwerkliche Unmöglichkeit gezeigt, mit einem marktgängigen Gerät fachgerechte Arbeiten herzustellen.

Nun hat er in überaus aufwändigen Reihenuntersuchungen seine Tests auf Linoleum- sowie Kautschukbeläge im institutseigenen Labor ausgeweitet. Auch für diese
Beläge kam er zu keinem einheitlichen Ergebnis. So ergab sich bei den einzelnen Herstellern ein diffuses Bild für PUR-beschichtetes Linoleum: Bei manchen Belägen klappte es, bei anderen nicht.

Die besten Resultate zeigten sich wie bei den PVC-Belägen (’bwd‘ Ausgabe 1/07, S. 64/65) auch in diesem Fall beim Verschweißen mit schmalerer Düse der Schweißgeräte. Bei Kautschukbelägen schien die Naht in Abhängigkeit von der Art der Beschichtung, oberflächlich betrachtet, einwandfrei.

Eine Betrachtung unter dem Mikroskop zeigte jedoch auch hier die bereits genannten Schwachstellen auf: „Dieser Blick in die Tiefe hat sich gelohnt“, fand Kille, der forderte, dass bei den modifizierten Belägen die Arbeitsart ebenfalls modifiziert werden müsse. Neben einer exakten Einstellung der Schweißdüse sei insbesondere das Abstechen der überstehenden Schweißschnüre mit einem Viertelmondmesser zu hinterfragen, da die Arbeitsweise mit diesem speziellen Werkzeug des Bodenlegers auf PUR-beschichteten Belägen nicht funktioniere.

Der Viertelmond und die Austrittsdüse stehen beim Verschweißen beschichteter Beläge in der Kritik.
Der Viertelmond und die Austrittsdüse stehen beim Verschweißen beschichteter Beläge in der Kritik.


Denn Mikrorisse, die bei späterer Reinigung und Pflege zu unschönen Bildern führten, könnten vermieden werden. Keinesfalls dürfe die Behauptung der Hersteller unwidersprochen bleiben, der Verleger habe nicht richtig gefräst oder geschweißt. Schließlich, berichtete Kille, hätten diese umfangreichen Tests in seinem Labor ein völlig anderes Bild ergeben.

Die Arbeit des Institutsleiters könnte vielen Handwerkern vor dem Hintergrund einer zunehmend auftauchenden Problematik zweifellos hilfreiche Unterstützung bieten.

Wie sehr die Themengestaltung dieses BEB-Sachverständigentreffens bei den internationalen Teilnehmern auf Interesse stieß, belegten eindrucksvoll die lebhaften Diskussionen im Auditorium und am Rande der Veranstaltung – gerade technische Neuerungen sorgten für den engagierten Meinungsaustausch und waren vermutlich mit ein Grund für den erfreulich regen Zuspruch der Gäste.

Quellennachweis: BodenWandDecke, Ausgabe 2, Februar 2007