Laminat – besser als sein Ruf?

Laminatfußböden haben Ihre Kinderkrankheiten abgelegt

Auch wenn es viele Profis immer noch nicht wahr haben wollen – Laminat ist ein ernstzunehmender Wettbewerber im deutschen Bodenbelagsmarkt und wird nicht nur – wie immer gern kolportiert – über den Baumarkt verkauft. Hochwertige Ware gehört auch für den Raumausstatter und Parkettleger zum täglichen Geschäft, der sich mit seiner Dienstleistung, einem breiten Sortiment und abgestimmten Zubehör deutlich von der Großfläche absetzen kann.

Laminatfußböden sind heute ausgereifte Hightechprodukte, die ihre Kinderkrankheiten schon lange abgelegt haben. Produktionsbedingt gibt es nur dann Probleme, wenn experimentiert wird, beispielsweise mit unterschiedlichsten Klick- und Verriegelungssystemen zur leimlosen Verlegung. Abrisse der Federn oder Teile des Profils gehörten in der (jüngsten) Vergangenheit ebenso dazu wie Knarr- und Quietschgeräusche innerhalb der Fügeflächen verlegter Böden. Zum Glück ist auch dieses Thema weitgehend Geschichte.

Aktuell zeigen sich produktionsbedingte Probleme: Der Preisdruck führt dazu, das Laminatfußbodensysteme „technisch ausgereizt“ werden und bei der Produktion das Jonglieren zwischen technisch zugesicherten Eigenschaften und Materialeinsatz beginnt.

Solche „abgespeckten“ Produkte gibt es in jeder Bodenbelagsgattung. Sie sind für den Laien nicht immer einfach zu erkennen und auch der Fachmann muss hier zweimal hinschauen, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
Gleiches gilt für Unzulänglichkeiten, die durch Abweichungen oder Fehler in der Fertigung entstehen, wie ein aktueller Fall zeigt.

Glanzgradunterschiede nicht erkannt

Ein handwerklich begabter Endverbraucher kaufte in einem Fachmarkt 86 Quadratmeter Marken-Laminat in der 10-Euro-Preisklasse und verlegte es in mehreren Räumen seiner Wohnung selbst.

Nach Fertigstellung bemängelte er Glanzgradunterschiede einzelner Elementen und forderte Ersatz vom Händler, der die Ansicht seines Kunden nicht teilte. Ein Gericht wurde bemüht, ein Gutachten sollte Klarheit schaffen.

Wohl wissend, dass Glanzgradunterschiede bemängelt werden, waren diese beim ersten „unvoreingenommenen“ Blick auf die Laminatbodenflächen der möblierten Räume nicht erkennbar (Bild 1).

Bild 1
Bild 1


Erst auf den „zweiten Blick“ zeigten sich, durch unterschiedliche Reflektionen bei verändertem Blickwinkel, zum Teil matte und glänzende beziehungsweise hell und dunkel wirkende Oberflächen einzelner Laminatpaneele (Bilder 2 und 3).


 
Bild 2
Bild 2

Bild 3
Bild 3

 

Unterschiede in der Porenstruktur

Im Bereich von zwei unmittelbar nebeneinander liegenden und unterschiedlich „glänzenden“ Paneelen wurden die Oberflächen mit einem elektronischen Digitalmikroskops untersucht (Bilder 4 und 5). Hierbei zeigten sich Unterschiede in der Porenstruktur der Laminatoberfläche. Um diese besser zu verdeutlichen, wurden die mikroskopierten Flächenbereiche mit Schulkreide abgestrichen und erneut überprüft (Bild 6).

Bild 4
Bild 4
Bild 5
Bild 5

Bild 6
Bild 6


Die Mikroskopfotos verdeutlichen, dass die matte/helle Oberfläche des Laminat-Fußbodenelements eine mikrofeine Porenstruktur in der transparenten Nutzschicht aufweist. Bei auftreffendem Licht wird einen Streuungseffekt verursacht, so dass die Oberfläche vergleichbar „wie Milchglas“ ein diffuses Bild bewirkt, da das „Sturmlicht“ weiß reflektiert wird (Bild 7).


 
Bild 7
Bild 7


Im Vergleich hierzu zeigte die mit entsprechendem Glanzgrad und dunkel aussehende Oberfläche des Laminat-Fußbodenelementes eine dicht geschlossene, transparente Nutzschicht (Bild 8).


 
Bild 8
Bild 8

„Fehlpressungen“

Die auftretenden Farb- und Glanzunterschiede innerhalb der Oberfläche der verlegten Laminat-Fußbodenelemente sind auf produktionsbedingte Abweichungen oder auf einen produktionsbedingten Fehler zurückzuführen wie sie beispielsweise bei „Fehlpressungen“ durch Lufteinschlüsse innerhalb der Melaminharz-Nutzschicht entstehen. Auch wenn diese erst durch den geschulten Sachverständigen „auf den zweiten Blick“ erkannt wurden, weisen sie dennoch ein Ausmaß auf, das nicht tolerierbar ist.

In der Praxis ist es nicht vorstellbar, dass ein Laie die Glanzunterschiede einzelner Paneele bei der Verlegung erkennt. Auch ein Profi-Verleger würde unter baustellenüblichen Bedingungen – Sägestaub, ungünstige Lichtverhältnisse etc. – die Glanzunterschiede nur feststellen, wenn er die Oberfläche der Paneele vor der Verlegung unter diesem Aspekt überprüft. In der Praxis ist ein solches Vorgehen jedoch unüblich – was aber nicht heißt, dass die zu verwendenden Materialien nicht auf ihre Güte zu prüfen sind.

Dem Gericht wurde vorgeschlagen, den Boden komplett auszutauschen.

Laminatboden Verlegefehler

Die häufigsten Verlegefehler sind die Nachlässigkeit bzw. das Außerachtlassen grundsätzlicher Regeln.

Das harte Anarbeiten an Türzargen gehört hier genauso dazu wie nicht ausreichende oder keine Bewegungsfugen in den Türlaibungen selbst.

Häufig werden Laminatfußböden auf vorhandene, textile Bodenbeläge gelegt, die zu weich sind. Beim Aufstellen von Schränken, Regalen sowie Sitzmöbeln wirkt der Laminatfußboden wie ein „flächenelastischer Schwingboden“. Infolgedessen wirken extreme Kräfte auf die Fügeflächen.

Laminatverlegungen auf unebenen Untergründen bieten häufig Grund zu Reklamationen. Auch Verlegungen auf unzureichend gesäuberten (Alt)Untergründen, bei denen dann beispielsweise alte Klebstoffreste zu Geräuschbildungen führen, werden oft beanstandet.

FAZIT
  • Der vorliegende Fall zeigt, dass auch bei Laminatböden produktionsbedingte Fehler auftreten können, die nicht so ohne weiteres erkennbar sind.
  • Die Sachverständigenpraxis verdeutlicht aber auch, dass überwiegend anwendungstechnische Fehler oder falsche Beratung zu Reklamationen führen. Nachlässigkeit beziehungsweise das Außerachtlassen grundsätzlicher Regeln sind die häufigsten Ursachen für Beanstandungen.