Bodenbeläge müssen für den Verwendungszweck geeignet sein
Der Bundesgerichtshof (BGH) als oberstes deutsches Zivilgericht hat bereits wiederholt in seinen Urteilen zum Baurecht herausgestellt, dass bei der Abwicklung von Bauverträgen beide Vertragsparteien – Auftraggeber und Auftragnehmer – umfangreiche Kooperationspflichten haben. Darunter sind insbesondere Informations-, Mitwirkungs- und gegebenenfalls auch Rügepflichten zu verstehen. Diese ergeben sich beispielsweise aus der VOB/B § 4, Nr. 3, wo es unter anderem heißt: „Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung, so hat er sie dem Auftraggeber mitzuteilen.“ Verstöße gegen diese – zum Teil ungeschriebenen – Kooperationspflichten ziehen Rechtsnachteile nach sich.
Beispielfall
Auf einer 57 Meter langen Megayacht (Bild 1) sollten nach Vorstellungen eines französischen Star-Designers handgewebte Teppiche verspannt werden, die eignes für diesen Auftrag in einer südfranzösischen Manufaktur angefertigten wurden. Dem Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten wurden neben Schiffs-/Verlegeplänen keine weiteren technischen Unterlagen zur Qualität der auftraggeberseitig gelieferten Handwebteppiche zur Verfügung gestellt. In den repräsentativen Räumlichkeiten sollten unterschiedliche Dessins der überwiegend aus Schur- und Baumwolle bestehenden Handwebteppiche auf Holzwerkstoffplatten mit Dämmunterlage im „smoothedge“-Verfahren verspannt werden (Bild 2).
Nach Fertigstellung der Arbeiten wurden diese vom Auftraggeber insbesondere hinsichtlich der handwerklichen Ausführung bemängelt und zwecks Klärung des Sachverhaltes die Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Hierbei konnte unter anderem ein wellenartiger Verlauf der Musterung festgestellt werden. Dieser wird darauf zurückgeführt, dass sich die Teppichböden zum Teil ohne große Kraftanwendung wellenartig verschieben lassen (Bild 3).
Beanstandet wurde auch das unregelmäßige Erscheinungsbild der Randfuge, beispielsweise entlang eingebauter Schränke. Entsprechend der unterschiedlichen Musterstruktur und Konstruktion des Teppichbodens – rippenartige Struktur bei 10 mm Gesamtdicke und veloursartige Nutzschicht der Musterung bei ca. 15 mm Gesamtdicke – wirkt die Anarbeitung abschnittsweise dicht oder offen (Bilder 4 und 5). Auch die Ansatzstellen der zusammengenähten Teppichbodenbahnen zeichnen sich deutlich sichtbar insbesondere im Randbereich ab.
Zudem ist die Gewebekonstruktion des Handwebteppichs vergleichsweise locker, sodass in Verbindung mit einer geringen, an der Rückseite fühlbaren Verfestigungsimprägnierung entlang der Schnittkanten die Schlingenpolnoppen ausfallen/ausfransen. Infolgedessen lösen sich Kett- und Schussfäden, sodass ein ordnungsgemäßer, bündiger, sauberer Abschluss in Außen- und Inneneckbereichen nicht immer möglich ist (Bild 6).
Vor allem unter optischen Gesichtspunkten wurde die Ausführung einer Wendeltreppe bemängelt: Eigens für die Stufen des gewendelten Treppenganges wurde ein Teppichboden mit integrierter 5 cm breiter Bordüre gefertigt. Während die Aussparungen innerhalb der Stufen links und rechts passgenau im Verlauf der Treppe auf gleicher Breite begrenzt sind, zeigt zwangsläufig die links und rechts vorhandene Bordüre Winkelversätze (Bild 7)
Mehrere Überprüfungen der Randbereiche ergaben, dass die Fuge zwischen Nagelleiste und Sockel mit ± 4,0 mm für die im Mittel >12mm dicke Teppichbodenkonstruktion zu schmal ist. Zudem wurde der Teppichboden in einigen Randbereichen stumpfgestoßen, anstatt – wie für das „smoothedge“-Verfahren notwendig – mit ausreichend Überstand verlegt (Bild 8).
Eine aus Einzelstücken konfektionierte Teppichfläche zeigte stufenartige Versätze der dunklen Bordüre, einhergehend mit bogenförmigen Verläufen und deutlich sichtbar unterschiedlichen Breiten der Bordüren (Bild 9).
Obwohl in jedem Bordürenstreifen 14 Schlingenpolnoppen nebeneinander liegen, variiert die Breite zwischen 9,5 und 10,0 cm.
Beurteilung
Im Wesentlichen sind die festgestellten Sachverhalte, die unter anderem das optische Erscheinungsbild der verspannten Teppichbodenflächen beeinträchtigen, die Folge der Verwendung von Handwebteppichen, die für sich allein zwar optisch ein hervorragendes und exklusives Produkt der Handwebkunst darstellen, aber unter technischen Gesichtspunkten im Hinblick auf die Verarbeitbarkeit und des Gebrauchs nur ein eingeschränktes, letztlich nicht einwandfreies Ergebnis zulassen.
Die Handtuftteppiche zeigen eine vergleichsweise einfache Gewebebindung mit Abwandlungen, wie sie bei Heimtextilien zum Beispiel in Verbindung mit Möbelstoffen bekannt sind. Es wurden unter anderem Rutenware mit Poldurchbindung eingesetzt. In Verbindung mit den Rohstoffen und -kombinationen (Schurwolle/ Baumwolle) entsteht bei der gewählten Gewebebindung ein in Länge und Breite in sich festes Gewebe, das sich tuchähnlich oder vergleichsweise in Verbindung mit dem Polmaterial wie ein „weicher Badteppich“ anfühlt. Die rückseitige, zur Verfestigung dienende Kaschierung zeigt eine geringe Auftragsmenge, sodass sich Polfäden herausziehen lassen. Ein ausreichend fester textiler Zweitrücken, wie dieser auch bei Handtuftteppichen üblich ist, würde für Flächenstabilität und insbesondere die für die Verspanntechnik notwendige Elastizität sorgen. Bedingt durch die vergleichsweise einfache Webtechnik der Teppiche zeigt sich in Kombination mit dem relativ hohen Poleinsatzgewicht eine nur geringe Schnittkantenfestigkeit, die ebenfalls direkt die handwerkliche Leistung im Ergebnis beeinträchtigt. Weiterhin verursachen die grobe Struktur der Polschlingen und Velourspolnoppen ein unregelmäßiges und infolgedessen unsauberes Bild des Teppichbodens entlang von Wandanschluss- bzw. Schranksockeln. Ebenso zweifelsfrei, wenngleich untergeordnet, haben direkte handwerkliche Leistungen zu Fehlern geführt.
Was sagt die VOB?
VOB/B § 4 Ausführung Nr. 3
Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (auch wegen der Sicherung gegen Unfallgefahren), gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer, so hat er sie dem Auftraggeber unverzüglich – möglichst schon vor Beginn der Arbeiten – schriftlich mitzuteilen; der Auftraggeber bleibt jedoch für seine Angaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich.
VOB/B § 13 Mängelansprüche
Nr. 3 VOB/B § 13 Nr.
Ist ein Mangel zurückzuführen auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnungen des Auftraggebers, auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers, haftet der Auftragnehmer, es sei denn, er hat die ihm nach § 4 Nr. 3 obliegende Mitteilung gemacht.
Fazit
Der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten hätte diese Eigenschaften der gelieferten Teppichböden spätestens vor Beginn der Verlegung feststellen und seinen Auftraggeber darüber informieren müssen, dass die gewünschte Verlegemethode – das Verspannen – nicht auszuführen ist.