Praxis-Tipp: Fugen im Parkett

Sie – und eigentlich auch Ihre Kunden – wissen, dass die Fuge zum Holz gehört wie die Knitterfalte zum Leinenstoff. Und doch führen Öffnungen zwischen einzelnen Parkettelementen immer wieder zu Diskussionen – gerade mit der beginnenden Heizsaison. In der Praxis ist es nicht immer ratsam, diesbezügliche Reklamationen mit dem Hinweis auf die Einhaltung normativer Toleranzen pauschal abzulehnen. Schließlich wird ein enttäuschter Kunde Ihren Laden nicht mehr betreten und auch in seinem Freundeskreis kein gutes Wort mehr für Ihre Arbeit finden. Natürlich kann es auch nicht sein, dass Sie auf Ihre Kosten etwas nachbessern, was Sie eigentlich nicht zu vertreten haben. Eine praktikable Lösung, die beide Seiten zufriedenstellt, verdeutlicht folgender teilfiktiver Fall.

Beleuchtung verstärkt die Wahrnehmung

Innerhalb einer Neubauwohnung wurden im Sommer Mehrschicht-Parkettdielen in einer Breite von 260 mm sowie in Längen zwischen 2,00 und 3,00 m verlegt. Die mit Öl-Wachs behandelten Eichedielen in einem matten Grauton wurden vollflächig auf einen Estrich mit Warmwasser-Fußbodenheizung verklebt, die Nut-Feder-Verbindung wurde nicht verleimt. Die Abnahme der Arbeiten erfolgte ohne Beanstandung.

DIE SITUATION
In einer hochwertig eingerichteten Wohnung wurde ein hellgraues Eiche-Dielenparkett auf einer Warmwasser-Fußbodenheizung verlegt.

Ein halbes Jahr später – mit Beginn der Heizperiode – zeigten sich vereinzelt und in Gruppierungen Fugen zwischen den Holzdielen, die der Bauherr als störend empfand. Da eine einvernehmliche Lösung zur Behebung des „Problems“ nicht gefunden werden konnte, beauftragte man einen Gutachter. Der Ortstermin fand an einem sonnigen Vormittag im Winter statt. Die überwiegend längs zur Hauptlichteinfall-Richtung verlegten Dielen zeigten im Gesamteindruck keine störenden Fugen.

Erst bei genauerem Hinsehen und in teils gebückter Haltung waren Fugenöffnungen zu erkennen, die im Bereich zwischen 0,7 und 0,8 mm Breite lagen. Ein anderes Bild zeigte sich in Flächenbereichen, die punktuell mit Decken-Einbauleuchten, sogenannten Downlights, ausgeleuchtet wurden. Bei Betrachtung in aufrecht stehender Haltung zeichneten sich einzelne Fugen deutlich störend hell ab. Eine nähere Überprüfung ergab, dass diese ebenfalls (nur) eine maximale Breite von 0,8 mm aufwiesen. Die optische Auffälligkeit rührte daher, dass sich – unterstützt durch das senkrecht von oben einfallende Licht – das helle Holz der Feder markant zur grauen Farbgebung der Parkettoberfläche absetzte.

DAS PROBLEM
Im Winter bildeten sich bis zu 0,8 mm breite Fugen im Parkettboden, die sich je nach Lichteinfall und Betrachtungswinkel hell abzeichneten.

Innerhalb der Toleranz

Aus fachlicher Sicht musste festgestellt werden, dass die unstreitig vorliegenden Fugen nicht toleranzüberschreitend, sondern vielmehr unvermeidbar sind. Bei vollflächig auf beheizten Estrichen verklebten Mehrschichtdielen kommt es jahreszeitlich bedingt zu unterschiedlich starken Fugenbildungen, die in der festgestellten Breite von bis zu 0,8 mm als materialspezifisch angesehen werden können. Das hygroskopische Verhalten des Holzes führt in Abhängigkeit des Feuchteangebotes zum natürlichen Quellen und Schwinden.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass Mehrschicht-Parkettdielen nach DIN EN 13489 „Holzfußböden und Parkett – Mehrschichtparkettelemente“, Ausgabe Dezember 2017, über genormte Maßtoleranzen in Länge, Breite, Dicke und Winkligkeit verfügen dürfen. In der Praxis kann also die Situation entstehen, dass Elemente, die die zulässigen Grenzabmaße ausschöpfen, nach der Verklebung einem natürlichen Schwund unterliegen, sich also die möglichen Toleranzen addieren. Dennoch kann das Ergebnis – wie im beschriebenen Fall – als materialspezifisch gelten.

Fugen eingefärbt

Unstreitig ist, dass die Fugen – je nach Blickrichtung und Beleuchtungssituation – unschön ins Auge fallen. Der Kunde ist unzufrieden und kann sich bei allem Verständnis für normative Vorgaben und natürlichen Materialeigenschaften nicht damit abfinden, dass die mattgraue Flächenwirkung seines Fußbodens von „weißen“ Fugen unterbrochen wird. Auch der Parkettleger sieht sich nicht in der Verantwortung, auf seine Kosten Abhilfe zu schaffen und findet eine zur Diskussion gestellte Neuverlegung zu Recht unverhältnismäßig.

Die Lösung, die schließlich beide Parteien zufriedenstellt, ist einfacher als gedacht: Die Fugen werden passend zum Farbton der Parkettoberfläche eingefärbt. Versuche an Original-Rückstellware der Holzdielen im Technischen Labor des IFR waren so erfolgreich, dass eine praktische Umsetzung im Objekt erfolgte. Dabei wurden die Bereiche sichtbarer Fugenöffnungen mit einem breiten Malerkrepp abgeklebt, das anschließend fugenmittig aufgetrennt wurde. Ein zuvor materialspezifisch und farblich auf die werkseitig verwendete Oberflächenbehandlung abgestimmtes Öl-Wachs wird mit einer Spritze sparsam dosiert in die Fuge injiziert.

DIE LÖSUNG
Um das Durchscheinen der hellen, nicht eingefärbten Feder innerhalb der Fuge zu verhindern, wurde diese nachträglich im gleichen Farbton eingefärbt.

Dabei ist darauf zu achten, dass lediglich der sichtbare Teil der Feder beaufschlagt wird und nicht die gesamte Fuge mit dem Öl-Wachs gefüllt wird. Versehentlich zu viel eingetragenes Material kann mit einem saugfähigen, fusselfreien Tuch aufgenommen werden. Nach dem Abziehen des Klebestreifens und ausreichender Trockenzeit sind die Flächen uneingeschränkt nutzbar.

DAS ERGEBNIS
Die nun zur Oberfläche farbgleiche Fuge fällt nicht mehr störend ins Auge.

Wissenswertes

Der Kommentar zur DIN 18356 „Parkett- und Holzpflasterarbeiten“, August 2019, ISBN-13: 978-3-924883-19-5, ist für alle, die mit Holzböden arbeiten, ein unverzichtbarer Ratgeber. Allein, um das hygroskopische Verhalten des Holzes zu verstehen oder seinem Kunden verständlich näherzubringen, lohnt sich die Anschaffung. Im Anhang unter „3.9. Allgemeine Hinweise zur Holzausgleichsfeuchte“ wird das Thema umfassend dargelegt.

Die Autoren des Kommentars teilen die Meinung vieler Branchenexperten, dass es nicht sinnvoll ist, die Anzahl von Fugen und deren maximale Breite festzulegen. Angestrebt werden sollte immer eine weitgehend fugenfreie Verlegeeinheit. Das in dem hier beschriebenen Fall als zulässige Fugenbreite genannte Maß ist eine Einzelfallentscheidung in Bezug auf die eingesetzten Mehrschichtparkettelemente und kann nicht pauschal auf andere Parkettflächen übertragen werden.

Fazit

Der Parkettleger konnte mit der angebotenen Lösung seinen Kunden zufriedenstellen und hat seinen Arbeitsaufwand bezahlt bekommen. Das Gutachten, das letztlich diesen Weg vermittelt hat, hätte man sich eigentlich sparen können. Grundsätzlich verlangen solche Reklamationsbearbeitungen Fingerspitzengefühl. Seinem Kunden mit verschränkten Armen und dem Hinweis auf eine normengerechte Ausführung entgegenzutreten, ist wenig hilfreich. Besser ist es, nach einer Lösung zu suchen, die den Kunden genauso zufriedenstellt wie Sie selbst. Denn gerade in der Beziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer gilt: Man sieht sich (am liebsten) immer zweimal. Ist eine Reklamation sachlich unbegründet, gilt es, dem Kunden selbstbewusst entgegenzutreten und mit für den Kunden nachvollziehbaren Hintergrunderklärungen und ohne Schuldzuweisungen seinen Standpunkt darzulegen.