Falsche Reinigung konnte Flecken im Nadelvlies nicht entfernen.
Mal ganz ehrlich, wer kennt das nicht? Beim Laufen durchs Büro oder das Ladenlokal verschüttet man ein paar Tropfen Kaffee aus der mal wieder viel zu vollen Tasse auf den textilen Bodenbelag. In Gedanken schon beim nächsten Kunden und wohlwissend, dass man ja eine robuste und schmutzabweisende Qualität zu Füßen hat, wird der Fleck sich selbst überlassen und siehe da, beim zweiten Blick ist schon meist nichts mehr zu sehen. Glück gehabt, denkt man und geht seinem Tagesgeschäft nach.
Wäre es ein elastischer Bodenbelag, ein Parkett oder Laminat, hätten Sie sich vermutlich gleich gebückt und die unschönen Tropfen weggewischt, oft reicht hierfür ein Papiertaschentuch, das man gerade griffbereit hat. Beim späteren Wischen werden mögliche (Rest)spuren dann gänzlich entfernt und alles ist gut, nur bei textilen Bodenbelägen nicht, wie der Fall eines Nadelvlies-Bodenbelags in einem Verwaltungsgebäude anschaulich verdeutlicht.
Flecken aus dem Untergrund?
Auf mehreren tausend Quadratmetern wurde ein einschichtiger Nadelvlies-Bodenbelag aus 40 % Polyamid und 60 % Polypropylen verlegt. Sowohl Flure als auch Büros erhielten die objektgeeignete Qualität (Beanspruchungsklasse 33) in einem gedeckten Grau-Blau.
Im Zuge der Nutzung traten vermehrt Fleckenbildungen auf, die scheinbar im gesamten Flächenbereich verteilt, ohne eindeutige Konzentration vorlagen. Im Zuge der normalen Reinigungsmaßnahmen ließen sich die Flecken nach Angaben des Nutzers nicht entfernen, so dass dieser das Anschmutzverhalten beim Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten, der auch den Belag lieferte, rügte.
Eine auf Empfehlung des Bodenlegers erneut im Auftrag des Nutzers durchgeführte Fleckenreinigung blieb abermals ohne Erfolg – vielmehr nahmen die fleckenartigen Schattierungen beziehungsweise dunklen Verfärbungen innerhalb der Nutzschicht des Nadelvlies-Bodenbelages in ihrer Intensität zu.
Letztlich konfrontierte der Nutzer den Verleger mit der Behauptung, die verlegte Ware sei mangelhaft und die Fleckenbildung erfolgt aus dem Untergrund und/oder dem Material an sich.
Um diese Aussagen zu prüfen, wurden Nadelvliesproben aus mit Flecken behafteten Flächenbereichen entnommen (Bild 1) sowie unbenutzte original Rückstellware zur Verfügung gestellt.
Aufklärung unter dem Mikroskop
Die Sichtprüfungen der bereitgestellten Ausbauproben des Nadelvlies-Bodenbelages verdeutlichten die partielle fleckenartig Dunkelfärbung der Nutzschicht (Bild 2).
Im Anschluss wurde überprüft, ob fleckenverursachende Substanzen von oben auf den Nadelvlies-Bodenbelag getroffen sind und in die Nutzschicht migrierten oder von unten aus dem Untergrund (Spachtelmasse, Klebstoff, Estrich) Substanzen über eine „Dochtwirkung“ in die Nadelvlies-Bodenbelagsoberfläche gelangten.
Dazu wurden schmale Streifen des Nadelvlies-Bodenbelags aus Bereichen mit fleckenartig dunklen Verfärbungen geschnitten und im Querschnitt betrachtet. Dabei zeigte sich bereits mit bloßem Auge, dass die obere Hälfte des Belages dunkel verfärbt vorliegt und die untere Seite des Belages (noch) die originale Farbgebung aufweist (Bild 3).
Um diesen ersten Eindruck zu überprüfen, erfolgte eine weiterführende Untersuchung mit einem elektronischen Digitalmikroskop. Die mehrfach vergrößerte Betrachtung der Nadelvlies-Bodenbelagskonstruktion im Querschnitt ergab die gleichen Erkenntnisse: Fleckenverursachende Substanzen sind von oben auf die Nadelvlies-Bodenbelagsnutzschicht getroffen und haben die dunklen Verfärbungen verursacht. Eine Ausbreitung der Verfärbung ist von oben nach unten erkennbar, wobei die Unterseite der Nadelvlieskonstruktion keine Verfärbungen aufweist.
Im direkten Vergleich der mikroskopischen Betrachtung zeigt sich eindrucksvoll, wie sehr die Fasern des verunreinigten Nadelvlies-Bodenbelags „verklebt“ sind (Bild 4) und wie „sauber“ die Fasern der Original-Rückstellware noch aussehen (Bild 5).
Blieb noch zu klären, ob sich der Nadelvlies-Bodenbelag einwandfrei reinigen lässt. Dazu wurde ein verunreinigter Flächenbereich halbseitig mit einem handelsüblichen Teppichboden-Reiniger nach Herstellervorgaben behandelt. Das Ergebnis zeigte klar, dass sich die dunklen Fleckenbildungen rückstandsfrei entfernen ließen (Bilder 6 bis 8).
Detachur
Das Zauberwort zur Vermeidung solcher Erscheinungsbilder heißt Detachur. Der Begriff kommt aus dem Französischen und steht für die (chemische) Fleckenbeseitigung aus Geweben oder textilen Bodenbelägen. Die „Detachur“ gehört zwingend zur täglichen (!) Unterhaltsreinigung und geht allen weiteren Reinigungsmaßnahmen voraus. Werden Flecken fachgerecht entfernt, besteht auch kein erhöhtes Anschmutzverhalten. So gereinigte Oberflächen behalten auch bei nachfolgenden Reinigungsmaßnahmen und während der fortlaufenden Nutzung ein optisch homogenes Erscheinungsbild.
Noch einfacher wäre es allerdings, Flecken unmittelbar nach ihrer Entstehung zu entfernen, also abzutupfen, aufzunehmen und/oder mit Wasser zu neutralisieren. Aber, wer macht das schon…
Normen und Merkblätter
Im Standardwerk „Kommentar und Erläuterungen VOB DIN 18365 – Bodenbelagarbeiten“ (Kaulen/Strehle/Kille) werden u. a. „Hinweise zur Pflege und Reinigung von Teppichböden“ gegeben, die einen guten Anhaltspunkt bieten und die Reinigungs- und Pflegeanleitungen der Bodenbelagshersteller neutral zusammenfassen.
Aus fachlicher Sicht beschreibt das Merkblatt „Reinigungsverfahren für textile Bodenbeläge und deren Arbeitsschritte“ von Paul Geißler den Stand der Technik. Das Merkblatt steht unter www.werterhalt.org zum Donwload zur Verfügung.
In jedem Fall müssen Sie Ihrem Vertragspartner die Reinigungs- und Pflegeanleitung des oder der verlegten Bodenbeläge nachweislich übergeben. Idealerweise nicht erst mit der Rechnung, sondern schon mit dem Angebot.
Fazit
Das optische Erscheinungsbild des Nadelvlies-Bodenbelags innerhalb des Verwaltungsgebäudes ließ die Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchung und der durchgeführten Reinigungsmaßnahmen vermuten: Die Ursache für die Verunreinigungen liegen in nicht fachgerecht entfernten Fleckenbildungen, die beispielsweise durch das Verschütten von Flüssigkeiten hervorgerufen wurden. Dazu reichen im Regelfall auch Tropfmengen unter anderem von Kaffee, Tee oder gesüßten Getränken. Aber auch Reste von eingetragenem Schmutz oder anderer Substanzen, die die Oberfläche benetzen und nicht restlos entfernt werden, führen zu diesem wiederkehrenden Anschmutzverhalten.