Rigid? Noch nie gehört? Dann waren Sie wohl nicht auf den Januar-Messen? Rigid, sprich „ridchid“, kommt aus dem Englischen und heißt so viel wie starr. In der Bodenbelagsbranche werden die boomenden Klick-Vinylböden gern als „Rigid“-Böden bezeichnet. Auch wenn sie nicht wirklich neu sind, sind sie derzeit in aller Munde und waren eben Messethema Nummer eins in Hannover und München.
Rigid oder Klick-Vinyl
Bereits 2014 haben wir im Boden-Profi über schwimmend zu verlegende Designbeläge informiert – ebendiese Produktgattung, die heute als „Rigid“ angepriesen wird. Ausschlaggebend für das erneute Aufgreifen der Thematik war ein Gespräch mit einem Aussteller, der für seine Klick-Vinylböden sinngemäß folgende Aussagen traf: „Unsere Rigid-Böden lassen sich auch auf unebenen Untergründen verlegen, ohne dass sich beispielsweise Fliesenfugen im Belag abzeichnen. Dies macht das Produkt so interessant, weil man sich die Untergrundvorbereitung sparen kann. In Zeiten des Fachkräftemangels ist die einfache Verlegung zudem ein Vorteil: Es ist viel einfacher, jemanden beizubringen, diesen Belag zu verlegen, als einen Fachverleger für eine vollflächige Verklebung eines Designbelags zu finden!“ So bitter es ist, den letzten Punkt seiner Aussage kann man sogar nachvollziehen, der Rest ist fachlich nicht haltbar und vermittelt ein Eigenschaftsprofil, das der Belag nicht hat. Leider nehmen es die meisten Anbieter nicht so genau, wenn es um die Kommunikation von Möglichkeiten und Grenzen dieser Belagsgattung geht. Zumindest in Prospekten und Werbebotschaften wird vollmundig die eierlegende Wollmilchsau versprochen. In den viel kleiner gedruckten Verlegeanleitungen wird das zwar relativiert, aber wer liest das schon? Vieles erinnert beim aktuellen Rigid-Boom an die Blütezeit des Laminats, wo man auch nicht immer jede Marketingaussage auf die Goldwaage legte oder man es einfach (noch) nicht besser wusste. Heute aber weiß man es besser und es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass man wieder in diese Blümchen-Rhetorik verfällt. Geradezu gefährlich ist es, wenn heute noch Verkäufer oder auch Bodenleger auf diese Floskeln hereinfallen und sie im Beratungsgespräch wiederholen: Die beim Kunden geweckte Erwartungshaltung ist kaum zu erfüllen und der Ärger häufig programmiert, wie dieser teilfiktive Fall zeigt.
Abzeichnung von Unebenheiten
Auf neu eingebaute schwimmende Zementestriche wurden Klick-Vinyl-Planken auf Dämmunterlage verlegt. Auf eine Untergrundvorbereitung – das Egalisieren von Unebenheiten durch Spachteln – verzichtete man. Im Ergebnis zeichneten sich je nach Blickrichtung Unebenheiten des Untergrundes in der Oberfläche des Bodenbelags in unterschiedlicher Intensität ab. Ebenfalls zeigte sich bei gebrauchsüblicher Betrachtung eine fugenlos überdeckte Bewegungsfuge des Estrichs als unschöner „Wulst“ im Belag. Zudem lagen flächig verteilt Kopffugen der Planken leicht geöffnet vor. Weiterhin waren Anarbeitungen des Belages an Trennschienen, Wänden und Fensterelementen erkennbar.
Fehler wie vor 25 Jahren
Bis auf das Durchzeichnen der Beschaffenheit des Untergrunds alles Fehler, die vor 25 Jahren bei der Laminatverlegung auch schon gemacht wurden. Verständnis dafür konnte weder der Kunde noch der Belagsanbieter aufbringen. Dieser wies den Verleger unmissverständlich darauf hin, dass er, wenn er sich nach der Verlegeanleitung des Produkts gerichtet hätte, diese Fehler hätte vermeiden können. Und in der Tat, die Verlegeanleitung war nicht zu beanstanden. Eine Beurteilung der Werbeaussagen zu dem Produkt war nicht Bestandteil des Gutachterauftrags. Fachlich korrekt wäre das Herstellen eines ebenen Untergrunds – auch wenn eine Unterlage verlegt wird. Die Ursache der geöffneten Kopffugen könnte ebenfalls in den Unebenheiten begründet sein: Ein durch das Begehen stetig federnder Belag kann die Klickverbindung so stark beanspruchen, dass sie sich öffnet oder beschädigt wird. Das Überdecken von Bewegungsfugen in Estrichen ist grundsächlich nicht möglich, ohne dass Schäden zu erwarten sind. Bewegungsfugen sind deckungsgleich in den Belag zu übernehmen. Das Anarbeiten des Belags an Trennschienen, Wände und andere Bauwerksteile behindert die Bewegung des Belags. Nur wenn überall ausreichend dimensionierte Fugen eingehalten werden, ist die Funktion der schwimmenden Verlegung gewährleistet. Im vorliegenden Fall konnten nur noch der komplette Rückbau und eine Neuverlegung nach fachgerechter Untergrundvorbereitung zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen. Bedenkt man, dass dafür das ganze Haus ausgeräumt wird und die Bewohner möglicherweise kurzfristig ausziehen müssen, ist der zu erwartende Schaden beträchtlich.
1. Sachverhalt
In einem Wohnhaus neu verlegte Klick-Vinylböden wurden beanstandet.
2. Erscheinungsbilder
Unebenheiten des Untergrunds zeichneten sich ebenso in der Belagsoberfläche ab wie eine überdeckte Bewegungsfuge. Zudem wurde der Belag an Trennschienen unsauber angearbeitet.
3. Erscheinungsbilder
Flächig verteilt lagen die Kopffugen einzelner Elemente nicht dicht geschlossen, sondern leicht geöffnet vor.
4. Erscheinungsbilder
An Fensterelemente sowie an Wände wurde zum Teil hart angearbeitet, was die Bewegung der schwimmenden Verlegung beeinträchtigte.
Wissenswertes
Der Verband der mehrschichtig modularen Fußbodenbeläge (MMFA) beschreibt im Technischen Merkblatt „Verlegen von mehrschichtig modularen Fußbodenbelägen“ detailliert den aktuellen Kenntnisstand (kostenloser Download unter www.mmfa.de). Auch das Merkblatt 15 der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) „Verlegen von Design- und Multilayer-Bodenbelägen“ gibt detailliert Auskunft (kostenloser Download unter www.klebstoffe.com). Unbedingt lesenswert ist die Definition der derzeit marktüblichen mehrschichtig modularen Fußbodenbeläge (MMF) auf den Internetseiten des MMFA (unter www.mmfa.de – Produkte/Kategorien).
Fazit
Rigid- oder Klick-Vinylbeläge sind eine wachsende Produktgattung, die sowohl im Fachhandwerk als auch im DIY-Segment weiter Fuß fassen wird. Derzeit sind vor allem Mitglieder des Verbandes der mehrschichtig modularen Fußbodenbeläge (MMFA) in technischen Kommissionen damit beschäftigt, diese zum Teil sehr unterschiedlichen Konstruktionen und Materialzusammensetzungen normativ zu erfassen. Dennoch lässt sich schon heute sagen, dass auch für diese „neue“ Belagsart die „alten“ Regeln gelten. Die Vorgaben der einschlägigen Normen und Merkblätter sind hier uneingeschränkt anzuwenden. Jahrzehntelange Erfahrungen aus der schwimmenden Verlegung von Parkett, Laminat oder Korkbelägen sollten nicht einfach über Bord geworfen werfen, nur weil das Produkt einen anderen Namen trägt oder die eingesetzten Materialien aus anderen Rohstoffen sind.