Bereits vor einem Jahr haben wir an gleicher Stelle auf den zunehmenden Renovierungsbedarf von Mehrschichtparkett hingewiesen und greifen aus aktuellem Anlass das Thema erneut auf. Da seit Mitte der 1990er Jahre überwiegend mehrschichtiges „Fertigparkett“ verlegt worden ist, steigt auch bei den Renovierungsanfragen nach und nach der Anteil an dieser zumeist schwimmend verlegten Parkettart. Das Problem: mit handwerklichen Prüfmethoden lässt sich nicht feststellen, ob die Deckschicht noch eine ausreichend feste Verbindung zur Mittellage oder zur unteren Schicht aufweist. Häufig sieht man erst nach der Renovierung, ob es zu Ablösungen kommt, wie dieser teilfiktive Fall zeigt.
Doppelter Wasserschaden
In einer Wohnung kommt es in der Küche zu einem Wasserschaden, bei dem über längere Zeit geringe Wassermengen über das dort vollflächig verklebte Parkett in den Estrich gelangen. Als man den Schaden feststellt, ist das zu diesem Zeitpunkt bereits zwölf Jahre alte Einstab-Zweischicht-Parkett mit einer Decklage aus Buche nicht mehr zu retten und wird ausgetauscht. In diesem Zusammenhang wird auch das ebenfalls im angrenzenden Wohn-/Essbereich im Fischgrätmuster verlegte Buche-Fertigparkett abgeschliffen und neu versiegelt.
Acht Jahre später soll es zu einem weiteren Wasserschadensereignis gekommen sein, so zumindest die Aussagen in einem offenen Versicherungsfall, der ausschlaggebend für dieses Gutachten war. Demnach sei einem Besucher in der Wohnung des Klägers eine volle Mineralwasserflasche aus der Hand auf einen Glastisch gefallen. Auf diesem Glastisch soll eine Blumenvase, gefüllt mit rund drei Litern Wasser, gestanden haben. Durch den Aufprall der Mineralwasserflasche soll diese ebenso wie die Glasplatte geborsten sein, was dazu führte, dass auch die Vase am Boden zerschellte. Der Geschädigte dokumentierte dies mit einem Bild des Geschehens und forderte seinen Gast dazu auf, den Schaden über seine Versicherung regulieren zu lassen. Dabei gab er an, dass durch den „Unfall“ die gesamte Parkettfläche im Wohn-/Essbereich Schaden genommen habe und ausgetauscht werden müsse. Als sich die Versicherung weigerte, den Schaden in der angegebenen Höhe zu übernehmen, verklagte der Gastgeber seinen Besucher, dessen Versicherung dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin beitritt.
Lamellen mit Drahtstiften arretiert
Die Überprüfung der Parkettfläche vor Ort zeigte, dass flächig verteilt Hohllagen der Buche-Deckschichtlamellen vorlagen – eine Konzentration im angeblichen Schadensbereich konnte nicht festgestellt werden. Zudem zeigten sich einzelne Lamellen mit Drahtstiften arretiert. Auf Nachfrage wurde angegeben, dass es bereits nach der Renovierung vor acht Jahren zu Aufwölbungen der Lamellen gekommen war und man diese so „herunterdrückte“. Weiterhin zeigten sich vorhandene Fugen zwischen den Lamellen der Deckschicht verunreinigt: ein Erscheinungsbild, das über Jahre des Quellens und Schwindens des Holzes entsteht.
Insgesamt betrachtet konnte eindeutig festgestellt werden, dass die Ursache der flächig verteilten Ablösungs- und Aufwölbungserscheinungen der Buche-Deckschichtlamellen im Abschleifen und Neuversiegeln vor acht Jahren liegt. Theoretisch könnte es zu dem beschriebenen, zusätzlichen, flächig begrenzten Wasserschaden gekommen sein. Dieser hätte dann aber keine weiteren, stärkeren Schadensbilder als die bereits seit Jahren bestehenden verursacht – was wiederum unwahrscheinlich ist. Der Schaden an dem zum Zeitpunkt des Ortstermins bereits 20 Jahre alten Parkett kann nur durch einen kompletten Austausch behoben werden, der, wenn gewünscht, vom Kläger zu beauftragen und zu bezahlen ist.
1. Die Situation
Im Bereich des Wohnzimmertischs sollen knapp vier Liter Wasser ausgelaufen sein und das Parkett beschädigt haben
2. Der vermeintliche Schaden
Deutlich zeichnen sich die Fugen der Mehrschicht-Parkettstäbe dunkel ab
3. Am Rand
Auch im Randbereich sind die gleichen Erscheinungsbilder erkennbar
4. Im Detail
Die Decklamellen zeigen sich deutlich aufgewöbt und klingen flächig verteilt hohl
5. Der Schaden
Die Verleimung der Decklage ist versprödet und konnte deshalb die Quell- und Schwindspannungen nicht mehr aufnehmen
Das sagt die Norm
Aussagen zur Delaminierung von Decklamellen bei Mehrschichtparkett sind in Normen und Merkblättern schwer zu finden. Die Chemisch-Technische Arbeitsgemeinschaft (CTA) hat hierzu unter anderem die Information „Mehrschichtparkett-Sanierung birgt Risiken“ herausgebracht. Hierin heißt es: „Da es auf der Baustelle nicht möglich ist, die Klebefestigkeit der einzelnen Decklamellen vor der Sanierung zu bestimmen, ist nicht auszuschließen, dass es bei der Renovierung von Mehrschichtparkett zu Problemen kommen kann. Der Fachhandwerker sollte in jedem Fall den Endkunden über dieses Risiko informieren.“ Und weiter: „Für die Sanierung sollten möglichst spannungsarme Oberflächenbeschichtungen eingesetzt werden. Um zu hohe Quelldrücke zu vermeiden, sollten die einzelnen Versiegelungsschichten ausreichend durchtrocknen, bevor eine weitere Schicht appliziert wird. Bei wässrigen Systemen vorzugsweise Trocknung über Nacht.“ www.c-t-a.de
Fazit
Im vorliegenden Fall kann davon ausgegangen werden, dass das Parkett zum Zeitpunkt der Renovierung vor acht Jahren bereits einen werkseitigen Defekt in der Verleimung der Buche-Deckschichten zur Trägerschicht aufgewiesen hat. Dieser wurde jedoch – wie so oft – nicht sofort erkannt, sondern trat erst im Zuge der weiteren Nutzung in Form von Aufwölbungen der Decklamellen auf. Aber auch wenn die mehrschichtigen Parkettstäbe einwandfrei produziert wurden, können sie beim Renovieren Schaden nehmen. Bereits die beim Schleifen entstehende Vibration und Wärme kann zu Störungen im Haftverbund der einzelnen Schichten führen. Aber auch bei der nachfolgenden Oberflächenbehandlung, beispielsweise dem Versiegeln, sind Spannungen innerhalb der Decklamellen, die nach dem Schleifen zudem dünner sind als in der Produktion, nicht immer zu verhindern, diese können zur Delaminierung führen. In der Praxis bedeutet dies, dass der Kunde auf diese Risiken hinzuweisen oder der Auftrag abzulehnen ist.