Risikofrei sanieren

Altuntergründe stellen immer wieder eine Herausforderung dar

Das Renovieren von Fußbodenflächen geht immer häufiger mit der Sanierung von Altuntergründen einher: Mittlerweile erreichen Arbeiten im Bestand ein deutlich größeres Auftragsvolumen als Fußbodenausstattungen in Neubaugebäuden, insbesondere mit Sicht auf den Objektbereich.

Bei der Renovierung und eben Sanierung bedeutet dies, dass häufig Altbeläge bauseits entfernt werden müssen und der Bodenleger Untergründe vorfindet, die Anhaftungen von alten Verlegewerkstoffen aufweisen, wie Spachtelmasse und Klebstoff. Der Aufwand, diese „Schichten“ vom Untergrund zu entfernen, ist erheblich.

Auch aus Kostengründen entsteht daher immer wieder die Diskussionen darüber, ob es nicht genügt, nur lose, nicht fest anhaftenden Bestandteile des Untergrundes zu entfernen und diesen mit speziell für die „Sanierung“ von Altuntergründen ausgelobten Vorstrichen und Spachtelmassen für eine neue Verlegung vorzubereiten.

Glauben und Hoffen

In der Praxis sind solche Aufbauten mit Vorsicht zu genießen: Bedenkt man, dass beispielsweise alte Verlegewerkstoffschichten fünf, zehn ober 15 Jahre und älter sind und man diese als „Basis“ für weitere 15 Jahre nutzen will, wird einem das mögliche Gefahrenpotenzial bewusst. Zudem ist der eigentliche Estrich „verdeckt“ und kann nicht auf seine Eignung für den vorgesehenen Verwendungszweck überprüft werden.

Hier treffen also Glauben und Hoffen aufeinander, denn so hergestellte Untergründe verbergen Risiken: Chemische Wechselwirkungen sind nicht auszuschließen und daraus resultierend entweder Geruchsbelästigungen/Emissionen oder Verfärbungen, insbesondere von Kunststoff-Bodenbelägen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind Haftverbundstörungen zwischen alten und neuen Verlegewerkstoffen. Auch eine gewisse Materialermüdung einer alten Spachtelmassenschicht ist mit Blick auf Stuhlrollenbeanspruchung oder mechanische Belastungen nicht außer Acht zu lassen.

Nicht normengerecht?

Im Standardwerk „Kommentar und Erläuterungen VOB DIN 18365 – Bodenbelagarbeiten“ (Kaulen/Strehle/Kille) heißt es unter anderem: „Die Oberfläche des Estrichs muss so beschaffen sein, dass eine Spachtel- oder Ausgleichsmassenschicht sich fest mit dem Untergrund verbindet und der Schubkraft des begangenen Bodenbelages standhält.“ Der Kommentar zur DIN 18365 des Arbeitskreises Bodenbeläge im Bundesverband Estrich und Belag (BEB) gibt folgenden Hinweis: „Altuntergründe, wie bereits genutzte Bodenbeläge, Fliesen, Beschichtungen, stellen grundsätzlich keine normgerechten Untergründe dar.“ Den zitierten Normschriften, Merkblättern und Richtlinien zur Folge (siehe auch linke Spalte) sind Altuntergründe, insbesondere die Untergründe, die mit alten Klebstoffen und Spachtelmassen behaftet sind, keine normengerechten Untergründe.

Bei der Renovierung und Sanierung von alten Fußbodenflächen obliegt es dem Planer feststellen zu lassen, ob der Altuntergrund für die spätere Nutzung überhaupt geeignet ist. Der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten kann entsprechend seinem Prüfpflichtenkatalog gemäß DIN 18365 dies nicht feststellen. Der Planer sollte bereits im Vorfeld diese Situation klären.

Baustellensituation

Ungeachtet dieser „Idealvorstellung“ ist es an jedem Bodenleger selbst, den Zustand und die Beschaffenheit der Estrichflächen für die von ihm durchzuführenden Leistungen zu prüfen. Dies beginnt mit einer Beurteilung der spezifischen Baustellensituation, die auch ein Blick auf andere Gewerke verlangt. Werden beispielsweise Heizkörper auf einem ungenügend abgedeckten Estrich lackiert, kann es durch die so aufgebrachte dehäsive Schicht zu Haftungsstörungen von Vorstrich und Spachtelmasse kommen (Bild 1).

Bild 1
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Werden alte Verlegewerkstoffschichten vorgefunden, sind mit Hinweis auf veränderte oder erweiterte Möglichkeiten der Ausführung beim Auftraggeber Bedenken anzumelden. So können nach berechtigtem Zweifel des Bodenlegers an der Festigkeit der alten Spachtelmassenschichten (Bild 2) vom Planer Haftzugfestigkeitsprüfungen zur weiteren Beurteilung beauftragt werden.


 
Bild 2
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In einem konkreten Fall zeigten diese, dass nur geringste Haftzugfestigkeitswerte zwischen 0,10 N/mm² bis rund 0,50 N/mm² vorlagen (Bilder 3 und 4). Für den dort vorgesehen Verwendungszweck „elastischer Bodenbelag im Bürobereich“ sind entsprechend den Regeln des Fachs Werte von 1,0 N/mm² gefordert.


 
Bild 3
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Bild 4
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Zum Vergleich wurden Probeflächen hergestellt:
Nach Abfräsen der alten Verlegewerkstoffschichten vom Untergrund (Bild 5) wurden der später zum Einsatz kommende Vorstrich und die zementäre Spachtelmasse aufgebracht (Bild 6).


 
Bild 5
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Bild 6
Bild 6


Die erneuten Haftzugprüfungen innerhalb dieser Fläche wiesen den Aufbau mit Werten bis 1,42 N/mm² als geeignet aus (Bilder 7 und 8).


 
Bild 7
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Bild 8
Bild 8


Zum Teil zeigte sich die Festigkeit der Zementestrichoberfläche höher als die innere Festigkeit der neu aufgebrachten Spachtelmasse, so dass es bei 1,81 N/mm² zu einem Kohäsionsbruch innerhalb der Spachtelmasse selbst kam (Bild 9).


 
Bild 9
Bild 9


Hinweis:

Die Prüfung der Oberflächen-Zugfestigkeit ist keine Regelprüfung nach DIN 18365 und ist infolgedessen auch keine Aufgabe des Bodenlegers. Für die Durchführung bedarf es neben entsprechender Messgeräte auch Erfahrung im Umgang damit und dem Setzen/Kleben sowie Präparieren der Zugstempel. Zum Beispiel kann der im Regelfall einzusetzende PMMA-Klebstoff Festigkeiten von Spachtelmassen beeinflussen, so dass die festgestellten Messwerte zum Beispiel seitens des IFR Köln jeweils mit im Labor ermittelten Referenzwerten abgeglichen werden.

Was sagt die Norm?
  • Im Standardwerk „Kommentar und Erläuterungen VOB DIN 18365 – Bodenbelagarbeiten“ (Kaulen/Strehle/Kille) heißt es u. a.: „Die Oberfläche des Estrichs muss so beschaffen sein, dass eine Spachtel- oder Ausgleichsmassenschicht sich fest mit dem Untergrund verbindet und der Schubkraft des begangenen Bodenbelages standhält.“
  • Im BEB-Kommentar zur DIN 18365 wird darauf hingewiesen: „Altuntergründe stellen grundsätzlich keine normgerechten Untergründe dar. Hier sollten Bedenken angemeldet werden. Sollte dennoch ein Bodenbelag darauf verlegt werden, besteht ein erhebliches Risiko. Aus diesem Grund sind eventuell weiterführende Prüfungen und daraus resultierende Maßnahmen notwendig, die bereits im Vorfeld (Planer/Fachplaner) festzulegen sind.“
  • Das Merkblatt TKB-8 „Beurteilen und Vorbereiten von Untergründen für Bodenbelag- und Parkettarbeiten“ beschreibt u. a.: „Nutzböden sind nicht normengerechte Untergründe, es müssen Bedenken angemeldet werden. Wird dennoch ein Belag verlegt, bestehen erhebliche Risiken, der Verleger steht in einer speziellen Eigenverantwortung.“
Fazit

Altuntergründe, auf denen sich alte Verlegewerkstoffschichten befinden, sind keine normengerechten Untergründe und bergen Risiken in sich, die der Auftragnehmer für Bodenbelagarbeiten nicht abschätzen kann. Dass dieser im Baustellenalltag sein Risiko innerhalb eines Privathauses oder eines Zimmers anders einschätzt als im Objekt ist gelebte Praxis – auch wenn es nicht immer gut geht.

Dass hier beschriebene Risiko im Gewerbe- und Objektbereich zu missachten, erscheint jedoch waghalsig und unkalkulierbar. Hier sollte immer mit Unterstützung der Verlegewerkstoffindustrie, den beratenden Technikern und gemeinsam mit dem Bauherrn/Auftraggeber sachlich kommuniziert und verhandelt werden.