Mit Vorstellung des Merkblatts 20 „Übliche Sonderkonstruktion – Sammlung häufig angewandter Sonderkonstruktionen“, Stand: Februar 2021, hat die Technische Kommission Bauklebstoffe (TKB) ein schon länger bedeutsames Thema aufgegriffen. Aktuellen Entwicklungen geschuldet, befindet sich das Kompendium zwar gerade nochmals in der Überarbeitung, es hat aber deshalb an Bedeutung nicht verloren.
UM WAS GEHT ES?
Das TKB-Merkblatt 20 versucht Sonderkonstruktionen, die häufig bei Parkett- und Bodenbelagsarbeiten eingesetzt werden, zu beschreiben. Als Sonderkonstruktionen definiert das Merkblatt – in Übereinstimmung mit einer breiten Branchenmeinung – Fußboden-Aufbauten oder Arbeitstechniken, die keine „Norm“-Konstruktion darstellen.
Ein Beispiel: In der DIN 18 365 Bodenbelagarbeiten heißt es unter Punkt 3.1.2: „Vor Verlegung der Bodenbeläge muss der Untergrund ausreichend trocken sein.“
Soll eine „Norm“-Konstruktion ausgeführt werden, ist das Erreichen der Belegreife abzuwarten, bevor mit der Belagsverlegung begonnen werden kann. In der Praxis haben sich allerdings Systeme bewährt, freie Feuchte in Estrichen mit einer speziellen Grundierung „abzusperren“, sodass ein Weiterarbeiten ohne Verzögerung möglich ist. Wird ein solcher Systemaufbau gewählt, spricht man von einer Sonderkonstruktion.
SK 1
Diese Sonderkonstruktion beschreibt das Auftragen flüssiger Wasserdampfbremsen, um auf einem noch nicht belegreifen Estrich sicher Bodenbeläge zu verlegen.
SK 2
Werden mit einer verfestigenden Grundierung nicht genügend festen Oberfläche eines Untergrunds nutzbar gemacht, fällt dies unter die Sonderkonstruktion 2.
SK 3
Die Sonderkonstruktion 3 bezieht sich auf „Unterlagbahnen zur Trittschallminderung und Entkopplung für Parkett und Holzpflaster“.
WAS WIRD DEFINIERT?
Das TKB-Merkblatt definiert in der Ausgabe Februar 2021 vier Sonderkonstruktionen, die regelmäßig eingesetzt werden: Die gerade beschriebene SK 1 – Wasserdampfbremsen, flüssig auftragbar, weiterhin SK 2 – Verfestigende Grundierungen, beispielsweise bei nicht genügend fester Oberfläche des Untergrunds, sowie SK 3 – Unterlagbahnen zur Trittschallminderung und Entkopplung für Parkett und Holzpflaster, wenn zum Beispiel mit Dämmunterlagen der Tritt- und Raumschall reduziert werden soll, und SK 4 – Estriche mit Zusatzmittel für eine verkürzte Trocknungszeit. Letztere ist in der aktuellen Ausgabe nicht mehr ganz zutreffend, da sich mit der parallel zum Merkblatt veröffentlichten Neufassung der DIN 18 560-1 Estriche im Bauwesen Teil 1, Stand Februar 2021, Definitionen geändert haben.
Hierin heißt es sinngemäß, dass der Einsatz von Schnellzementen und/oder Estrich-Zusatzstoffen zur Beschleunigung der Estrichaustrocknung keine Sonderkonstruktion mehr darstellten, falls diese keinen Widerspruch zu der in dieser Norm festgelegten Messmethode und Einhaltung der Belegreif-Grenzwerte des Estrichs bilden.
Im Klartext: Auch ein Estrich mit Zusatzmitteln ist als „Norm“-Konstruktion zu bewerten, wenn dieser bei einem gleichen CM-Wert belegt werden kann wie ein „normaler“ Estrich. Aus unserer Sicht kann es durchaus sinnvoll sein, diese (neue) Situation in einem weiteren (TKB-)-Merkblatt zu erklären.
WER BRAUCHT DAS MERKBLATT?
Schnell wird klar, dass die im Merkblatt beschriebenen Sonderkonstruktionen das Tagesgeschäft eines jeden Boden- und Parkettleger sind. Während im Neubau noch gelegentlich der Fußbodenaufbau als „Norm“-Konstruktion zu realisieren ist, kommt spätestens im Renovierungs- und Sanierungsobjekt eine Sonderkonstruktion zur Anwendung.
Für den Praktiker macht dies keinen Unterschied. Er vertraut auf seine Erfahrung, die Systemlösung seines Verlegewerkstoff-Lieferanten oder die Baustellenberatung des technischen Außendienstes der Belagindustrie. Und: Der Erfolg gibt ihm Recht, seine ausgeführten Sonderkonstruktionen funktionieren, er hat keine Reklamationen. Dennoch ist er nicht nur gut beraten, sondern vielmehr dazu verpflichtet, seinen Kunden darüber in Kenntnis zu setzen, wenn er statt der „Norm“-Konstruktion eine Sonderkonstruktion ausführen will.
SK 4
Die in der Merkblatt-Ausgabe Februar 2021 enthaltene Sonderkonstruktion „Estriche mit Zusatzmittel für eine verkürzte Trocknungszeit“ wird aktuell überarbeitet.
WARUM IST DAS SO?
Eine „Norm“-Konstruktion wird – wie der Name schon sagt – in einer Norm beschrieben und entspricht nach allgemeiner Auffassung den „Anerkannten Regeln der Technik“. Diese wiederum werden in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) zusammengefasst.
Im Teil C der VOB „Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV)“ finden sich unter anderem die DIN 18 365 Bodenbelagarbeiten oder die DIN 18 356 Parkettarbeiten. Diese ATV dienen als Vorlage zum Erstellen der Leistungsbeschreibung, bilden also auch die fachliche Grundlage für ein Angebot.
In jeder ATV heißt es unter dem Punkt 0.3.1: „Wenn andere als die in dieser ATV vorgesehenen Regelungen getroffen werden sollen, sind diese in der Leistungsbeschreibung eindeutig und im Einzelnen anzugeben.“
Im Anschluss werden exemplarisch einige Abweichungen genannt, denen dann mit Sonderkonstruktionen begegnet werden kann. Da der Auftraggeber als fachlicher Laie nicht beurteilen kann, worin der Unterschied zwischen einer „Norm“- und einer Sonderkonstruktion besteht, muss er durch den Auftragnehmer über deren Vor- und Nachteile informiert werden. Dabei gibt das Merkblatt Hilfestellung.
SK (ff.)
Das TKB-Merkblatt 20 hat durchaus noch Potenzial, andere Sonderkonstruktionen aufzunehmen, beispielsweise die Verarbeitung von Trockenklebstoff.
Wissenswertes
Das TKB-Merkblatt 20 „Übliche Sonderkonstruktion – Sammlung häufig angewandter Sonderkonstruktionen“ kann kostenlos in der jeweils aktuellen Fassung auf den Internetseiten des Industrieverbands Klebstoffe (IVK) heruntergeladen werden (Pfad: Menü – Veröffentlichungen – Merkblätter – Bauklebstoffe/Verlegewerkstoffe).
www.klebstoffe.com
Informativ sind auch die dort bereitgestellten Schriften und Veröffentlichungen (Pfad: Menü – Veröffentlichungen – Merkblätter – Die TKB informiert oder TKB-Berichte).
www.klebstoffe.com
Ein Merkblatt zur Bedenkenanmeldung stellt die Innung der Parkett- und Bodenleger Köln, Bonn, Aachen zum kostenlosen Download bereit, weist allerdings darauf hin, dass Texte im Einzelfall zu prüfen sind und keine Gewähr für Vollständigkeit übernommen wird.
Fazit
Das TKB-Merkblatt 20 ist ein guter Leitfaden für die praktische Umsetzung von Sonderkonstruktionen. Der ersten Überarbeitung und der Aufnahme möglicher weiterer Lösungen blicken wir mit Spannung entgegen.
Für den Praktiker nicht zufriedenstellend ist der nur sehr knappe Hinweis auf eine mögliche Bedenkenanmeldung (direkt in der Einleitung des Merkblatts). Hier hat sich die TKB verständlicherweise nicht auf juristisches Terrain begeben wollen.
Grundsätzlich kann man aus unserer Sicht sagen, dass eine geplante Sonderkonstruktion, die im eigentlichen Auftrag definiert wurde, immer zu hinterfragen ist. Kommt es allerdings ungeplant zu der Notwendigkeit, eine Sonderkonstruktion auszuführen, um die Arbeiten fortzuführen (Stichwort DIN 18 365, Punkt 3.1.1), ist eine Bedenkenanmeldung unumgänglich. Wie diese korrekt zu erfolgen hat, wird Bestandteil einer anderen Boden-Profi-Folge sein.