Eine immer wieder gern erzählte Geschichte besagt, dass die Teppichfliese eigentlich aus einer Reklamation entstanden ist. Der Niederländer P. J. van Heugten begann in den 1920er Jahren mit der Fertigung verschiedener Produkte aus Filz, unter anderem Fahrradsattel-Polster sowie Unterlagen für abgepasste Teppiche.
Später produzierte er bis zu 150 cm breite Filz-Teppichbahnen für den Wohnbereich, die er mit einer fünfjährigen Garantie verkaufte. Unerfreulicherweise neigten diese Teppichläufer bei falscher Pflege oder hoher Beanspruchung zum Verfilzen, so dass er gezwungen war, diese zurückzunehmen. Zur Schadensbegrenzung soll er aus den noch guten Stücken 50 x 50 cm große Fliesen herausgeschnitten haben, um diese wieder zu verkaufen. Um die Liegeeigenschaften zu verbessern, entwickelte er eine Rückenbeschichtung und erhöhte zudem die Strapazierfähigkeit des Filzes. Die Teppichfliese war geboren und wird noch heute nach der Idee von 1956 produziert.
Neuer Auftrieb für ein bewährtes System
65 Jahre später könnte man meinen, die Teppichfliese sei eine Erfindung unserer Zeit, um textile Bodenbeläge und deren Nutzung nachhaltiger zu machen. Dabei haben schon damals die gleichen Vorteile für Fliesen gesprochen wie heute: Statt sperrige und schwere Rollen Auslegware zu transportieren, ist es einfacher und logistisch deutlich preiswerter, palettierbare Kartons zu bewegen. Statt eine Bahnenware vollflächig zu verkleben, ergab es auch schon in den vergangenen Jahrzehnten Sinn, Teppichfliesen wiederaufnahmefähig zu verlegen und statt Klebstoffen nur Fixierungen einzusetzen. Auch nicht mehr ganz neu, aber immer noch die Ausnahme ist der Einsatz von Trockenklebern unter Teppichfliesen. Die praktische und ebenfalls seit Jahrzehnten bewährte Lösung könnte der Teppichfliesen-Verlegung neuen Auftrieb verleihen, denn den hätte sie – gerade beim Privatkunden – mehr als verdient.
VORBEREITUNG
Untergrundprüfung und -vorbereitung sind auch bei einer Trockenklebung gewissenhaft auszuführen. Ein Vorsortieren der Fliesen kann bei stark gemustertem, rapportfreiem Design sinnvoll sein.
Kleine Randanschnitte vermeiden
Insbesondere auf kleinen, verwinkelten Flächen können die Teppichmodule – wie sie heutzutage auch genannt werden – ihre Stärken ausspielen und verschnitt-technisch günstiger sein als Bahnenware. Der Verlegung voran geht wie immer eine gewissenhafte Untergrundprüfung und Vorbereitung. Der Vorteil des anschließenden Einsatzes von Trockenklebstoffen ist, dass bei einem Belagswechsel der Untergrund direkt wieder genutzt werden kann – und das je nach Liegedauer sicher mehrfach. Es macht also Sinn, sich hier besonders viel Mühe zu geben und sich diese Leistung entsprechend bezahlen zu lassen.
Die vorgesehene Kombination von Trockenklebstoff und Teppichfliese muss geeignet sein. Im Zweifel eine Freigabe einholen! Der Trockenklebstoff wird nach Herstellervorgaben auf den gereinigten Untergrund aufgebracht. Die Teppichfliesen sind 24 Stunden zu klimatisieren, so dass sie auf die raumklimatischen Verhältnisse bei der Verlegung konditioniert werden. Bevor mit der Verlegung begonnen wird, ist ein Verlegeplan zu erstellen. Dies ist auch auf kleinen Flächen wichtig, da es unter anderem darum geht, zu kleine Randanschnitte zu vermeiden oder die Fliesenaufteilung beispielsweise in Türlaibungen zu mitteln.
Wichtig: Sollen Flächen belegt werden, die stark vom rechten Winkel abweichen, ist mit dem Auftraggeber abzusprechen, an welcher (Sicht-)Achse die Fliesen ausgerichtet werden sollen. Ebenso sind bei der Verlegeart oder Verlegerichtung die Vorgaben des Herstellers und die Wünsche des Kunden unter einen Hut zu bringen. Werden gemusterte Fliesen verlegt, die rapportfreie Übergänge haben, kann es sinnvoll sein, diese so vorzusortieren, dass ein optisch gleichmäßiges Flächenbild entsteht und nicht zwei gleichgemusterte Fliesen nebeneinander liegen. Die Verlegung beginnt je nach Flächengröße raummittig an einem rechtwinkligen Schnurschlag zu den Wänden hinführend. Dazu wird das Schutzpapier vom Trockenkleber partiell abgezogen und die Fliesen dicht geschlossen, aber spannungsfrei aneinandergelegt. Es ist darauf zu achten, dass kein Flor zwischen den Kanten des Fliesenrückens eingeklemmt wird. Jede Fliese ist direkt nach dem Einlegen anzureiben und die komplette Fläche nach der Verlegung mit einer schweren Gliederwalze anzurollen. Die Randanschnitte werden individuell ausgeführt und die Fliesen sauber mit einer 5 bis 8 mm breiten Fuge zur Wand eingepasst.
VERLEGUNG
Betonte Fliesenraster oder nicht rechtwinklige Grundrisse verlangen nach einer Absprache der Verlegerichtung mit dem Auftraggeber.
Krönender Abschluss
Für den Wandanschluss gibt es unterschiedliche Lösungen, funktionale und gestalterische oder eine Kombination aus beiden. Im vorliegenden Objekt wurde bei einer typisch weißen Hamburger-Leiste im unteren Bereich der Vorderkante ein circa 5 cm hoher Streifen in der Stärke der Teppichfliese ausgefräst. Nach der Montage der Leisten konnte in diese Aussparung ein Belagsstreifen auf Trockenklebeband eingepasst werden. Die Lösung, die die kleine Bodenfläche größer wirken lässt, gewährleistet zudem, dass die Sockelleiste durch Staubsaugen nicht beschädigt und so nicht unansehnlich wird. Ein perfekter Abschluss, der Kunden begeistern wird.
ABSCHLUSS
Eine individuelle Lösung des Wandanschlusses kann eine Belagsverlegung aufwerten.
Wissenswertes
Die Technische Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoffe fasst im TKB-Merkblatt 11 „Verlegen von selbstliegenden SL- Teppich-Fliesen“, Stand Dezember 2018, sowie im TKB-Merkblatt 12 „Kleben von Bodenbelägen mit Trockenklebstoffen“, Stand Juli 2016, wesentliche Punkte der beiden Verlegarten zusammen.
„Teppichfliesen haben keine nahtlose Flächenwirkung!“ Eigentlich logisch, aber dennoch ein häufiger Diskussionspunkt zwischen Auftraggeber und Bodenleger. Wie Sie diesem Ärgernis aus dem Weg gehen, wurde in der Boden-Profi-Folge 108 beschrieben. Wer diese nicht mehr zur Hand hat, kann sie unter jens.lehmann@winkler-online.de anfordern.
TIPP
Die Kombination eines Holz- und Teppichsockels sieht toll aus und überzeugt zudem mit funktionalen Vorteilen bei der Nutzung.
Fazit
Im Wohnbereich hat Teppichboden in den letzten Jahren durch massive Konkurrenz anderer Belagsarten an Bedeutung verloren. Geschicktes Marketing für elastische Böden, Parkett oder Laminat haben textile Bodenbeläge ein Stück weit aus dem Fokus des Konsumenten gerückt. Dabei gibt es aus unserer Sicht keinen Grund – außer dem eigenen Geschmack – auf Teppichböden im Wohnbereich zu verzichten. Vielleicht ist die Fliese der Türöffner, um wieder mit Teppichboden ins Geschäft zu kommen? Wie so oft, haben Sie es in der Hand, mit einer umfassenden Beratung Ihren Kunden für etwas zu begeistern, was er nicht kennt, oder von etwas zu überzeugen, von dem er zunächst falsche Vorstellungen hatte. Die Kombination aus Teppichfliese und Trockenkleber hat jedenfalls das Zeug dazu, dem textilen Bodenbelag den Stellenwert zu geben, den er verdient hat.