Wirtschaftlichkeit versus Werterhalt

Die Reinigungsqualität in öffentlichen Gebäuden ist unzureichend

Für die Unterhaltsreinigung eines Klassenraumes mit 65 m² Fläche wird einem Gebäudereiniger eine viertel Stunde zugestanden – 2,5-mal die Woche, im Sommer wie im Winter (siehe Text unten). Dass unter diesen Bedingungen keine fachgerechte Reinigung durchgeführt werden kann, weiß der Auftraggeber ebenso wie der Auftragnehmer, und doch lassen sich beide auf dieses Geschäft ein – immer wieder, in ganz Deutschland.

Die Folge ist, dass Bodenbeläge schnell unansehnlich werden und ihre geplante Lebensdauer nicht erreichen können. Häufig wird der Bodenleger mit dieser Situation konfrontiert und die Qualität des verlegten Bodenbelags in Frage gestellt. Exemplarisch für viele vergleichbare Fälle verdeutlichen wir die Situation an einem fiktiven Beispiel einer Schule in einer deutschen Großstadt.

Linoleum im Klassenraum

Ein vor 15 Jahren verlegter, gelb melierter Linoleum-Bodenbelag zeigte ein deutlich unansehnliches Erscheinungsbild, das auch durch normale Reinigungsmaßnahmen nicht mehr verbessert werden konnte. Da sich die Stadt als Träger der Einrichtung keiner Schuld bewusst war und auch der Gebäudereiniger davon überzeugt war, eine fachgerechte Arbeit zu erbringen, zweifelte man die Qualität des Bodenbelages an und beauftragte ein Gutachten zur Klärung.

Der Ortstermin fand unter der Woche am Nachmittag statt, als die Klassenräume verlassen und bereits gereinigt vorliegen sollten. Zum Teil waren die Stühle auf die Tische gestellt, es zeigten sich aber auch Räume, in denen Stuhlkreise gebildet und nicht wieder weggeräumt wurden. Die Linoleum-Oberfläche wirkte matt und schattierte wolkig (Bild 1).

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Bild 1

Eine Wischprobe mit der flachen Hand über die Linoleum-Oberfläche zeigte deutliche Schmutzanhaftungen, mit körnig-sandigem Charakter (Bilder 2 und 3).

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Bild 2
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Bild 3

Vor der Tafel – vermutlich am Lehrerpult – war ein kleiner abgepasster Teppich ausgelegt. Bei Aufnahme des Teppichs zeigte sich dieser nahezu mit Schmutz gesättigt und unmittelbar darunter fand man größere Mengen lose aufliegender, sandiger Schmutzpartikel (Bilder 4 und 5).

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Bild 4
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Bild 5

Defekte Stuhlgleiter

Die Oberfläche des Linoleum-Bodenbelages im Klassenraum zeigte zudem Kratz- und Kerbspuren, einhergehend mit Aufrauungen, die einerseits auf die unzureichende Reinigung und Pflege zurückgeführt werden und andererseits auf die Beanspruchung durch verschmutzte, abgenutzte und beschädigte sowie zum Teil scharfkantige Stuhlgleiter der Flachrohrstühle (Bild 6).

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Bild 6

Abgelöste Beschichtung

Vor allem in den Fluren wurden wiederkehrend flecken-/wolkenartige Glanzstellen vorgefunden, die auf Rückstände einer Beschichtung, die ursprünglich aufgebracht wurde, hinweisen. Um die Haftung der Beschichtung zu überprüfen, wurde ein handelsübliches, 50 mm breites Klebeband aufgebracht und anschließend wieder abgezogen. Dabei war erkennbar, dass sich die Beschichtung folienartig ablösen ließ (Bilder 7 bis 9).

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Bild 7
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Bild 8

Bild 9
Bild 9

Flächig verteilt war zudem erkennbar, dass sich auf der Linoleum-Bodenbelagoberfläche Beschichtungsrückstände in unterschiedlicher Intensität befanden, die für sichtbare Glanzgradunterschiede verantwortlich waren.

Diese Reste der alten Beschichtung zeigten zum Teil eine hohe Anhaftung an der Oberfläche des Linoleum-Bodenbelages, sodass sie mittels Klebebandtest nicht oder nur teilweise abgelöst werden konnten.

Beurteilung

Werden die Linoleum-Bodenbelagflächen innerhalb des Gebäudes in der festgestellten Art und Weise weiterhin genutzt und gereinigt, ist das Ende der Nutzungserwartungszeit absehbar. Allerdings ist es auch jetzt noch möglich, diese Entwicklung aufzuhalten. Dazu sind alle alten Beschichtungsrückstände abzuschleifen, eine Grundreinigung der Flächen vorzunehmen und diese fachgerecht neu zu versiegeln, beispielsweise mit einer 1- oder 2-Komponenten-PU-Versiegelung.

Einhergehend mit dieser Maßnahme sind auch alle Möbelaufstandsflächen auf einen ordnungsgemäßen Zustand zu überprüfen und defekte Stuhlgleiter, Rollen oder Möbelfüße zu ersetzen.

Letztlich muss aber auch das Reinigungsverhalten überdacht und den tatsächlichen Erfordernissen angepasst werden. Das Intervall 2,5-fach pro Woche wird nicht ausreichen, die technisch mögliche Lebenserwartung des Linoleum-Bodenbelags zu gewährleisten.

Zweckmäßig ist es, eine Testfläche oder besser einen Testraum vorzubereiten und in der beschriebenen Art in Nutzung zu nehmen. Sollten sich nachvollziehbare Verbesserungen ergeben, können alle Flächen dementsprechend nachgearbeitet werden.

Reinigungsrichtlinien

Die Bundesländer haben sogenannte Reinigungsrichtlinien für ihre Einrichtungen wie Schulen oder Behörden. Diese definieren die Anforderungen an die Reinigung, auch von Bodenbelägen. Sie beschreiben auch Verpflichtungen für die Nutzer, wie den sorgsamen, pfleglichen Umgang mit Räumen und dem enthaltenen Inventar. Oder fordern, dass das Mobiliar (Stühle, Tische) mit den für den Bodenbelag empfohlenen Gleitern/Rollen ausgestattet ist.

Vom Gebäudereiniger wird gefordert, dass die Unterhaltsreinigung fachgerecht und in der Weise auszuführen ist, dass ein jederzeit einwandfreier Reinigungs- und werterhaltender Pflegezustand gewährleistet wird. Aber auch, dass die Fußbodenarbeiten unter Wegrücken der leicht beweglichen Einrichtungsgegenstände vorzunehmen sind.

Das Reinigungsintervall für Klassenräume wird überwiegend mit 2,5-fach pro Woche vorgegeben.

Die RAL Gütegemeinschaft Gebäudereinigung empfiehlt in ihrem Merkblatt „GGGR-Merkblatt LZ.01“ für Klassenräume Flächenleistungen von 180 bis 350 m² pro Stunde.

Fazit

Gerade in öffentlichen Bauvorhaben, aber auch in vielen Objekten steht der Druck eines wirtschaftlichen Betriebs einem gezielten Werterhalt der Einrichtung entgegen. Zudem werden den Betreibern und Nutzern gerade bei Bodenbelägen Produkteigenschaften versprochen, die in der Praxis nicht haltbar sind. Aussagen wie „lebenslang einpflegefrei“ oder „niedrigste Unterhaltskosten“ sind erklärungsbedürftig, um nicht missverstanden zu werden.

Für den Bodenleger gilt es einmal mehr, die Reinigungs- und Pflegeanleitung nachweislich zu übergeben. Für die gesamte Branche gilt es umzudenken und schon in der Akquise von (öffentlichen) Bauvorhaben nicht nur Möglichkeiten, sondern auch Grenzen von Bodenbelägen aufzuzeigen. Dazu gehört es selbstverständlich auch, eine materialgerechte Nutzung sowie eine kontinuierliche und fachgerechte Pflege zu fordern.